Für Energiegerechtigkeit und lokale Wertschöpfung – N-ERGIE Studie zur Dezentralität und zellularen Optimierung im Stromnetz

    • Offizieller Beitrag

    Am 28. Oktober 2016 fand in Nürnberg die offizielle Vorstellung der von der N-ERGIE in Auftrag gegebenen Studie "Dezentralität und zellulare Optimierung - Auswirkungen auf den Netzausbaubedarf" statt.

    Einigkeit herrschte vor allem darüber, dass eine dezentrale Energiewende durchaus wirtschaftlich ist und der Bau von HGÜ-Trassen keinesfalls alternativlos. Der Vorsitzende des BUND Naturschutz Hubert Weiger dazu: "Die Natur ist dezentral, und das nicht ohne Grund. Dezentralität ist die Grundlage für Sicherheit und Rentabilität."

    Den Kommunen komme eine wichtige Rolle bei der öffentlichen Daseinsvorsorge zu, so der Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly. Es gehe nicht um die Frage, dass der Strom „fränkisch spricht“. Was aber derzeit auf dem Energiemarkt passiere, sei eine „kalte Enteignung des Volkseigentums“, ein Prozess, an dessen demokratischer Legitimation er zweifle.

    Auch N-ERGIE-Vorstandsvorsitzender Josef Hasler wurde überraschend deutlich und kritisierte das derzeitige Vorgehen bei der Trassenplanung als machtpolitische Diskussion, in der vor allem auch die Frage zu kurz komme, ob die Energiewende mit dem Fokus auf Stromexport noch sozial gerecht sein könne. Strom müsse für die Ärmsten in der Gesellschaft bezahlbar sein und der Grundversorgung dienen, dies sei auch laut Gesetz die Aufgabe der Energiewirtschaft. Um dies garantieren zu können, fehlen der Studie zufolge alternative Netzkonzepte und eine transparente Planung, die einen unrentablen Netzausbau "auf Teufel komm raus" auf Kosten der Stromkunden verhindern könne. Der Behauptung, Speicher seien unrentabel und der massive Leitungsausbau in jedem Fall wirtschaftlicher, widersprach er energisch.

    Professorin Veronika Grimm von der Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) stellte die wesentlichen Ergebnisse der Studie vor. Die derzeitige Netzausbauplanung werde den fortschreitenden technischen Entwicklungen zur Integration der erneuerbaren Energien nicht gerecht. In den von der Bundesnetzagentur vorgelegten Netzentwicklungsplänen werde zwar der Ausbau der Energieerzeugung festgelegt, nicht aber die Nachfragesituation und die Produktionskosten an den jeweiligen Standorten. Würde man dies und weitere Parameter in die Planungen miteinbeziehen, könne der Netzausbau durch Gleichstrom-Übertragungsleitungen um mehr als 50 Prozent verringert werden. „Würden zusätzlich regionale Preissignale verwendet, um Produktion und Verbrauch zu lenken, kann der notwendige HGÜ-Ausbau noch weiter reduziert werden.“ (Kurzfassung S. 2)

    Dass die Diskussion um den Netzausbau eine politische ist, wurde anhand von Wortmeldungen wie der von Martin Stümpfig, Sprecher der GRÜNEN im Bayerischen Landtag für Energie und Klimaschutz, deutlich: eine dezentrale Energiewende ohne Mega-Trassen kann und möchte er sich nicht vorstellen.

    Wir vom Aktionsbündnis gegen die Süd-Ost-Trasse dagegen freuen uns sehr über diese Diskussion mit ergebnisoffenem Ansatz. Denn die derzeitige Vorgehensweise und die Entscheidung für den Bau der Trassen, ohne je Alternativen dafür in einem legitimen öffentlichen Prozess geprüft zu haben, ist alles andere als demokratisch. Dem vom bayerischen Energiestaatssekretär Franz Josef Pschierer, Leiter der „Taskforce Netzausbau“, ausgerufenen „hoheitlichen“ Denk-Gebot, ab jetzt dürfe es in der Trassenfrage nur noch um das „Wie“ gehen, nicht mehr um das „Ob“, wurde bei der Veranstaltung in Nürnberg mit großem Konsens eine klare Absage erteilt.

    Jetzt ist zu hoffen, dass dieser sinnvolle Ansatz nicht vom mit Vehemenz vorangetrieben Bau der HGÜ-Trassen überholt und damit obsolet wird. Aber ein Anfang ist gemacht.



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