Wahlprüfsteine für die Parteien zur Landtagswahl: Wie halten Sie es mit den Stromtrassen?

    • Offizieller Beitrag

    Wahlprüfsteine für die Parteien zur Landtagswahl:
    Wie halten Sie es mit den Stromtrassen?
    Trassengegner stellen Fragen zum Thema Energiewende und Netzausbau

    Am 14.10.2018 wird in Bayern gewählt. Die Frage um das Für oder Wider den überdimensionierten Netzausbau ist hochaktuell und hängt von politischen Entscheidungen ab. Die Haltung der Parteien hat das Aktionsbündnis gegen die Süd-Ost-Trasse zu dieser Thematik im Kampf seit 2014 kennengelernt. Wer hat uns unterstützt in unserem Anliegen einer für eine dezentrale Energiewende, bei Demos und als Entscheidungsträger in München und Berlin? Wirtschaftsminister Altmaiers Netzgipfel hat gezeigt: Der Netzausbau soll an den Mitspracherechten der Bürgerinnen und Bürger vorbei so schnell wie möglich durchgepeitscht werden.

    Trassengegner wählen keine Trassenbefürworter

    Der dezentralen Energiewende und der Wertschöpfung vor Ort schadet der massive Übertragungsnetzausbau. Das zentralistische Stromsystem mit Kohle und Atom wird damit über Jahrzehnte manifestiert, die dezentrale Energiewende wird ausgebremst, massive Umweltschäden sind zu erwarten. Die Kosten für die Pilotprojekte sind weiterhin die große Unbekannte.
    Das Aktionsbündnis gegen die Süd-Ost-Trasse ist ein überparteiliches Bündnis - politisch neutral wollen wir aber nicht sein. Wir setzen uns ein für die dezentrale Energiewende. Unsere Empfehlung muss deshalb sein: Am 14.10.2018 keine Stimme für Verfechter von europäischen Atom- und Kohlestromtrassen!

    Was sind die Wahlprüfsteine?

    Anlass für diese Aktion war die Feststellung, dass die größeren Parteien im Bundestagswahlkampf 2017 die Themen Klima, Energiewende und Trassenbau nur marginal in ihren Wahlprogrammen berücksichtigt hatten. Jetzt hat uns interessiert, was die für die bayerische Landtagswahl antretenden Parteien dazu zu sagen haben.
    Zehn Parteien erhielten daher Post von uns. Die Briefe enthielten sogenannte Wahlprüfsteine. Zu sechs Fragen konnten die Parteien insgesamt 25 vorgeschlagene Antworten ankreuzen. Bei fünf Fragen war es möglich, auch individuelle Antworten zu geben. Dem Fragebogen war eine Darstellung der Faktenlage aus unserer Sicht vorangestellt.
    Alle Parteien außer der AfD haben sich zu unserer Umfrage geäußert. Die selbsternannte „Alternative für Deutschland“ wusste zu einer alternativen Energieversorgung offensichtlich nichts beizutragen.
    CSU, Bündnis 90/Die Grünen und die Partei MUT haben nicht den vorgegebenen Fragebogen verwendet, sondern formlos Stellung genommen. In diesen Fällen ist ein direkter Vergleich schwierig. Wir haben daher versucht, über die Analyse der Texte, die entsprechenden Antwortkreuze in der Vergleichsmatrix auch für diese Parteien zu setzen. Damit können die Aussagen von neun Parteien (ohne AfD) gegenübergestellt und verglichen werden.

    Konzerninteressen als Wegweiser für Parteientscheidungen?

    Die gegebenen Antworten entsprechen im Wesentlichen den schon bekannten Standpunkten der Parteien auch auf Bundesebene zu diesem Thema. Bei der Energieversorgung über die Sektoren Strom, Mobilität, Industrie und Wärme handelt es sich um einen äußerst komplexen Wissensbereich. Es ist daher durchaus verständlich, dass nicht alle Spitzenpolitiker auf diesem Gebiet Experten sein können. Umso unverständlicher ist es aber, wenn sich wichtige Entscheider aus diesem Kreis offenbar nur einseitig von der Lobby der Konzerne beraten lassen, obwohl genügend neutrale Kompetenz auch aus der Wissenschaft zur Verfügung steht. Besonders schlimm wird es, wenn die so gebildete Meinung zur Parteiräson erhoben wird.

    Die Erkenntnis, das Energiewendeprojekt in die Verantwortung einer eigenständigen Behörde zu übertragen, statt viele, oft auch kontrovers agierende Stakeholder ihr eigenes Süppchen kochen zu lassen, ist meist vorhanden. Allein es fehlt der Wille, das auch umzusetzen. Man will in den Landes- und Bundesverbänden mancher Parteien nicht wahrhaben, dass der überdimensionierte Trassenbau nicht der Versorgungssicherheit oder dem Gemeinwohl dient, sondern die Beibehaltung der Kohleverstromung und den damit möglichen europaweiten Energiehandel absichern soll.
    Es bleibt die Frage, ob eine Partei noch wählbar ist, die sich über den Ausbau des Übertragungsnetzes eindeutig gegen eine dezentrale Energiewende positioniert und damit auch das Nichterreichen der deutschen Klimaziele akzeptiert?


    [Blockierte Grafik: http://www.sfv.de/fotos/l/3_12.gif]
    copyright: sfv / mester




    Aussagen der Parteien
    Zur Frage 1: Wie steht Ihre Partei zu der geplanten Höchstspannung-Gleichstrom-Übertragungs-Trasse SüdOstLink?
    Von CSU, SPD, FDP und den GRÜNEN wird der Bau als unverzichtbar erklärt.
    Die FREIEN WÄHLER, DIE LINKE, MUT, PIRATEN, ÖDP sind strikt dagegen.

    Zur Frage 2: Was kann Bayern dazu beitragen, um die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen?
    Bis auf die FDP wollen alle Parteien einen schnellen Kohlausstieg. Außer den GRÜNEN und der FDP befürworten auch alle die Erstellung eines neuen, gesamtheitlichen Energiewendekonzepts. Dagegen wird die Einrichtung einer eigenständigen Energiewendebehörde nur von den FREIEN WÄHLERN, DIE LINKE, der ÖDP und MUT gefordert.
    Gute Vorschläge gibt es bei den individuell anzugebenden „Weiteren Maßnahmen“. Sie reichen von einer Ausweitung des Emissionshandels auf alle Sektoren bis zu einem Gesetz zum Klimaschutz.

    Zur Frage 3: Wie soll der Ausbau der Erneuerbaren forciert werden?
    Die CSU will keinen schnellen Ausbau der Erneuerbaren.
    Die GRÜNEN, FREIE WÄHLER, DIE LINKE, ÖDP, PIRATEN und MUT mahnen eine Abschwächung bzw. eine Abschaffung der bayerischen 10H-Regelung bei der Windkraft an.
    FREIE WÄHLER, DIE LINKE und ÖDP fordern einen Ausbau der Beratungsstellen.
    SPD, FREIE WÄHLER, DIE LINKE, ÖDP, PIRATEN und MUT wünschen eine Förderung von Projekten im Rahmen der Sektorenkopplung.
    Nur SPD, GRÜNE, FREIE WÄHLER und ÖDP möchten eine Förderung der dritten Generation von Biogasanlagen.
    Bei den „Weiteren Maßnahmen“ wird von der ÖDP eine Vorschrift für Photovoltaik bei Neubauten angeregt.
    DIE LINKE wünscht sich die Abschaffung von Ausschreibungen für kommunale Projekte. MUT hält die Abschaffung von Rabatten für die Industrie für besonders wichtig.

    Zur Frage 4: Welche Möglichkeiten werden gesehen, um die Energiewende durch Korrekturen am aktuellen Strommarktdesign und am EEG bürger-freundlicher (regionale Wertschöpfung) zu gestalten?
    Alle außer FDP, PIRATEN und MUT sind dafür, auf Ausschreibungen bei Projekten kleiner 40 MW zu verzichten.
    SPD, GRÜNE, FREIE WÄHLER, DIE LINKE; ÖDP und PIRATEN fordern eine Klimaabgabe für mit Kohle erzeugten Strom.
    Außer FDP und MUT fordern auch alle, das Miterstrommodell zu vereinfachen.
    Unter „Weitere Maßnahmen“ schlägt die FDP vor, das EEG ganz abzuschaffen.
    DIE LINKE will auf Ausschreibungen generell verzichten. Die PIRATEN fordern die Abschaffung sämtlicher Subventionen im fossilen Bereich.

    Zur Frage 5: Um die Strom-, Verkehrs- u. Wärmewende voran zu bringen, sind Speichertechniken erforderlich. Welche Aktivitäten unterstützt Ihre Partei?
    Nahezu alle Parteien fordern die sofortige Umsetzung von Power-to-X-Projekten und weiterer Techniken. Deshalb wird auch von SPD, FREIE WÄHLER; FDP, DIE LINKE, ÖDP und PIRATEN die Kappung von überschüssig erzeugten Erneuerbaren abgelehnt. FREIE WÄHLER, DIE LINKE und ÖDP wollen das für die HGÜ-Trassen geplante Geld stattdessen für den Bau von Speichern einsetzen.
    Bei den „Weiteren Maßnahmen“ wird von der ÖDP und den PIRATEN die Einführung von staatlichen Förderprogrammen für Speicher gewünscht.
    Die FREIEN WÄHLER möchten weitere Pumpspeicher.
    DIE LINKE fordert die Berücksichtigung von Speichern im Netzentwicklungsplan.

    Zur Frage 6: Mit welchen Maßnahmen kann die bayerische Bevölkerung vor den gesundheitlichen Risiken und dem Werteverlust der Bodenflächen durch den Bau von Gleichstromtrassen geschützt werden?
    FREIE WÄHLER, DIE LINKE und ÖDP wollen eine Abstandsregelung gesetzlich verankern. Die gleichen Parteien, aber auch die GRÜNEN geben der Optimierung bestehender Leitungen den Vorrang vor Trassenneubauten.
    CSU, FDP und die GRÜNEN halten Schutzmaßnahmen gegen gesundheitliche Risiken nicht für erforderlich
    SPD, FREIE WÄHLER, FDP, DIE LINKE und PIRATEN nutzen die Möglichkeit zu Angabe „Weiterer Maßnahmen“: Die SPD möchte bei Wertverlusten die Erdverkabelung durch Freileitungen ersetzen.
    Die PIRATEN halten keine Aktionen für erforderlich, da sie den HGÜ-Trassenbau fundamental ablehnen.
    FDP hält vorsorgliche Maßnahmen für unnötig, mit der Begründung, dass gesicherte Erkenntnisse zu gesundheitlichen Risiken fehlen. Warum also den Trassenbau mit Vorsorgemaßnahmen wie Mindestabständen behindern?

    Mehr dazu:

    Ergebnisse Wahlprüfsteine.pdf
    Ergebnisse Wahlprüfsteine Anhang Vorschläge weitere Maßnahmen.pdf