neuartiges Kabelsystem

  • der Bericht fasziniert mich; ich gebe das mal unkommentiert weiter:

    Pressemitteilung
    Langstrecken-Transport von erneuerbaren Energien:
    Erster erfolgreicher Test eines 20 kA-supraleitenden Kabels

    Potsdam, 11.03.2014. Der wachsende Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung erfordert einen signifikanten Ausbau des Stromnetzes. Die Orte, an denen Energie aus erneuerbaren Quellen wie Wind, Sonne oder Wasser ökonomisch erzeugt werden kann (z.B. Offshore Windparks), liegen oft weit entfernt von den dicht bewohnten Gebieten, in denen die Energie benötigt wird. Darüber hinaus erhöht ein Netzausbau die notwendige Flexibilität des Systems für schwankende Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen und ermöglicht die Integration des steigenden Anteils erneuerbarer Energien. Der Bau neuer und effizienter Übertragungsnetze hat somit in allen Ländern, die einen höheren Anteil des grünen Stroms anstreben, hohe Priorität. Das Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam erforscht deshalb zusammen mit CERN (European Organization for Nuclear Research) die innovative technologische Option von supraleitenden Übertragungssystemen als Alternative zu etablierten Stromleitungen. Mit dem erfolgreichen Test des Prototyps eines supraleitenden Kabels, welches in der Lage ist 20 Kiloampere (kA) Strom zu führen, konnte am 20. Februar ein Meilenstein erreicht werden. Dies ist bisher weltweit einmalig.
    Der Nobelpreisträger und wissenschaftliche Direktor des IASS, Prof. Carlo Rubbia, kommentierte das Ergebnis mit den Worten: “Dies ist ein echter Durchbruch. Zum ersten Mal haben wir ein reales Kabel, das eine praktische Möglichkeit bietet, große Mengen an elektrischer Energie über lange Strecken zu übertragen. Es nutzt ein relativ einfaches technisches Design mit günstigen und leicht verfügbaren Materialien.” Das Experiment, welches im Rahmen der IASS-CERN-Kooperation in Laboren von CERN durchgeführt wurde, ist das erste dieser Art. Ziel war es, das Potential von Magnesiumdiborid (MgB2) zur Stromübertragung zu nutzen, das einfach aus günstigen Materialien hergestellt werden kann und dessen supraleitende Eigenschaft erst 2001 entdeckt worden ist. Die getestete Konfiguration besteht aus zwei sehr dünnen, 20 Meter langen Kabeln, die in Serie geschaltet sind und mit Gleichstrom betrieben werden. Sie befinden sich im Inneren eines Kühlmantels und werden mit gasförmigem Helium auf eine für Supraleitung notwendige, niedrige Temperatur von etwa 24 K gekühlt. Die Kabel-Installation hat einen Durchmesser von nur 16 Zentimetern, darin sind zwei MgB2-Kabel untergebracht. Im Test konnten die sehr guten und homogenen Übertragungseigenschaften des supraleitenden Kabels bei 20 Kiloampere (kA) Stromstärke nachgewiesen werden.
    Supraleitende auf MgB2-basierende Kabel können unterirdisch verlegt werden und problemlos Übertragungskapazitäten von zwei bis zehn Gigawatt (GW) oder mehr erreichen. Die Kühlstationen werden in regelmäßigen Abstand errichtet, vergleichbar mit dem technologischen Aufbau des weitläufigen Erdgasnetzes. Die Betriebsspannung kann für eine optimale Leistung angepasst werden. Zum Vergleich: Die geplante Suedlink-Trasse soll mit einer Länge von etwa 800 km die Nordsee mit Unterfranken verbinden, bei einer Kapazität von vier GW (vorgesehene Kapazitätserweiterung auf 12 GW bis 2032 laut Netzentwicklungsplan).
    Die als Erdkabel verlegten Magnesiumdiborid-Supraleiter bieten im Vergleich mit den Alternativen mehrere herausragende Vorteile bei der Effizienz, den Kosten sowie Folgen für die Umwelt. Vor allem können sie den Strom nahezu ohne Widerstandsverluste übertragen – im Gegensatz zu Hochspannungs-Gleichstromleitungen mit Standardleitern, bei denen der Stromverlust mit der Leitungslänge noch entsprechend ansteigt. Das bedeutet mehr Ressourceneffizienz, da weniger Energie verschwendet wird, geringere operative Kosten und damit auch einen ökonomischen Vorteil.
    Eine weitere besondere Eigenschaft eines MgB2-basierten supraleitenden Übertragungssystems liegt im äußerst geringen Durchmesser bzw. Umfang der gesamten Kabelinstallation von nur etwa 30 Zentimeter inklusive Kühlmantel, bei vier GW Kapazität und 800 Kilometer Länge. Es ist weitaus kleiner als die meisten Erdgas-Pipelines, das bedeutet weniger Platzbedarf als bei Standard HGÜ-Kabeln (etwa 20 Meter für zehn GW in Zentraleuropa). Anders als Supraleiter geben Standard-Erdkabel Wärme an sie umgebende Böden ab, was diese negativ beeinflusst und ihre Übertragungskapazität senkt.
    Supraleitende Kabel bieten generell alle Vorteile von Erdkabeln: Sie können unter Wasser und dicht besiedelten Gebieten verlegt werden, turmhohe Masten für Überlandleitungen werden überflüssig. Der öffentliche Widerstand gegen den Bau von neuen Hochspannungs-Stromtrassen im Rahmen der Energiewende ist zu einem wichtigen Faktor im Planungs- und Entscheidungsprozess für den Netzausbau geworden. Daher sind technologischen Alternativen von großer Bedeutung. Außerdem können bestehende Wegerechte zur Verlegung der supraleitenden Erdkabel genutzt werden.
    Erste Kostenschätzungen zeigen, dass die Investitionskosten für die Konstruktion einer vier GW MgB2-basierten Übertragungsleitung um ein Vielfaches kleiner sein können als für Standard ±320 kV HGÜ- Kabel und wettbewerbsfähig mit den Standard-Hochspannungs-Gleichstrom-Überlandleitungen. Die vergleichsweise geringen Kosten erklären sich insbesondere durch die niedrigen Preise für das Leitmaterial Magnesiumdiborid pro Kiloampere und Meter, welche weit unter denen für Kupfer liegen sowie durch den einfachen Produktionsprozess.
    Das IASS und CERN betreiben mit ihrer gemeinsamen Forschung Pionierarbeit bei der Entwicklung von supraleitenden MgB2-Kabeln. Die Ergebnisse des jüngsten Tests bestätigen die vielversprechenden Eigenschaften von MgB2, insbesondere im Vergleich zu den Hochtemperatursupraleitern (HTS). Weitere umfangreiche Tests des Prototyps unter verschiedenen Bedingungen sind in den kommenden Wochen geplant. Parallel zu den Experimenten am CERN hat das IASS Kontakte für eine zukünftige Zusammenarbeit mit Europäischen Partnern aus der Industrie und mit Übertragungsnetzbetreibern aufgebaut, um die nächsten Schritte für eine industrielle Anwendung dieser innovativen Technologie einzuleiten.
    Kontakt:
    Corina Weber Leitung Presse & Kommunikation IASS T +49 (0)331 28822-340 corina.weber@iass-potsdam.de
    http://www.iass-potsdam.de/de/forschungsc…on-erneuerbaren

  • Quelle: Salzburger Nachrichten 09.09.2013

    Ohne Strommasten geht es auch

    Von Joachim Mahrholdt
    Erdkabel sind teuer, 380-kV-Leitungen unbeliebt. Unterirdische Elektrizitäts-Highways in Stahlröh-ren könnten die Probleme lösen.
    Energiewende? Für manchen ist das Hoffnungsprojekt von einst inzwischen zum Unwort geworden: nichts als Ärger. Rasant steigende Strompreise, finanziell klamme Offshoreprojekte, fehlende Speicher für den Ökostrom. Nicht zu vergessen einige Tausend Kilometer Stromnetze, die gebaut werden müssten, die aber niemand vor der Haustür haben will. Dieses Problem allerdings könnte bald elegant gelöst werden. Für den Magdeburger Universitätsprofessor Martin Molitor sind "Strom-Pipelines" die Antwort auf alle Fragen des Stromtransports.
    "Es ist überhaupt nicht einzusehen, weshalb die Energiewende an fehlenden Stromtrassen scheitern sollte. Freileitungen brauchte man heutzutage nämlich nicht mehr", sagt Martin Molitor. In der Tat: Die hässlichen Masten, über die Spannungen zwischen 110 und 380 Kilovolt mit vielfach erhebli-chen Magnetfeldern laufen, will Molitor durch unterirdische Strom-Highways ersetzen.
    Die unterscheiden sich deutlich von den bisher vergrabenen teuren Erdkabeln. Denn auch diese er-zeugen aufgrund mangelnder Abschirmung erhebliche magnetische Felder, die gesundheitsschädlich sein können. Demzufolge sind auch sie umstritten, auch ihre Genehmigungsverfahren sind lang. Das Projekt erklärt Martin Molitor so: "Unsere Strom-Pipelines ähneln mittelgroßen Gasröhren, die je-dermann kennt. In ihnen liegen zwei oder drei dicke Stromkabel. Nur sind diese in eine Mischung aus Kies, Sand und Epoxidharz eingegossen und mit Stahl ummantelt. Die sind dann so fest, da kann man mit dem Bagger darüberfahren, ohne dass etwas passiert. Magnetische Felder gibt es we-gen des geschlossenen Stahlmantels auch nicht." Das heißt: Solche Stromröhren könnte man auch durch Wohn- oder Naturschutzgebiete legen. Menschen würden nicht gefährdet, das Landschafts-bild nicht beeinflusst. Und katastrophensicher wären sie auch noch - keine Blackouts mehr durch Stürme oder Hochwasser. "Die Verlegung ist ganz einfach und geht schnell. Die Leitungsstränge lassen sich kontinuierlich vor Ort wickeln, in das Mineralgemisch eingießen, die Röhren werden verschweißt - fertig."
    Der Clou: Molitor will in seine Strom-Highways gleichzeitig auch Glasfaserkabel legen. Die könnten entlegene Landstriche elegant mit schnellem Internet versorgen. Abzweigungen wären möglich.
    Das alles sei nicht viel teurer als Freileitungen, aber deutlich billiger als herkömmliche Erdkabel. "Die herkömmlichen Erdkabel können bis zu zehn Mal teurer sein als Freileitungen und müssen alle zehn bis 15 Jahre ersetzt werden. Unsere Pipelines sind wartungsfrei, kosten nur einen Bruchteil und halten mindestens ein halbes Jahrhundert", sagt Martin Molitor.
    W e c h s e l - oder G l e i c h s t r o m - beide Stromarten ließen sich in beliebigen Spannungen und Mengen transportieren. Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ) ist über besonders weite Strecken in-teressant wegen der geringeren Transportverluste. "Mit unserer Technik ließen sich sehr einfach Windparks in der Nordsee anschließen, sogar die norwegischen Stauseen als Stromspeicher nutzen oder Solarstrom aus der Sahara importieren", stellt Molitor fest.
    Die theoretischen Grundlagen für die neuen Strom-Pipelines hat Molitor an seinem Institut in Mag-deburg gelegt. Jetzt soll eine Studie mit Industriebeteiligung die praktische Machbarkeit untersu-chen. "Ein produktionsreifes Konzept könnten wir in gut zwei Jahren vorlegen", sagt der Professor. Natürlich hofft er auch, dass man im Berliner Umweltministerium auf die Ideen und die Patente aus Sachsen-Anhalt aufmerksam wird.
    Wenn man die Energiewende wirklich wolle, sagt er, an den umstrittenen Stromtrassen müsse sie nicht scheitern. Molitor: "Diesen Stein könnten wir aus dem Weg räumen."

  • die noch vorhandenen Haken sind aus meiner Sicht:

    1. das bestehende Gesetz (Bundesbedarfsplanungsgesetz - BBPlG) lässt für unsere Trasse keine Erdverkabelung - auch keine Teilerdverkabelung - zu.
    2. das System der UNI Magdeburg ist ist - wie Prof. Molitor ja geäußert hat - frühestens in "gut zwei Jahren produktreif".
    3. es braucht den politischen Willen, so etwas zu fördern, damit es produktreif werden kann. Das gilt natürlich in gleicher Weise für das Projekt der IASS Potsdam (Beitrag eins weiter oben).

    Und ich kann nicht unterdrücken, dass es mich maßlos ärgert, wenn ich sehe, dass man diese innovativen Techniken nicht konsequent unterstützt und stattdessen meint, man müsste gegen den Willen der Betroffenen Bevölkerung die Freileitung einfach durchziehen.