Kabinettsbeschluss im Bundestag für Kohlestrom-Erdkabel – „Das sollten uns Menschen und Natur wert sein!"

    • Offizieller Beitrag


    Der Bayernkurier jubelt: "Ministerpräsident Horst Seehofer und die CSU haben sich durchgesetzt: Statt der Erstellung von Monster-Strom-Trassen von Nord nach Süd setzt die Bundesregierung bei der Energiewende nun vor allem auf Erdkabel."

    Dies ist ein politischer Kompromiss, der mit Sicherheit nicht das Ziel erreichen wird, für das er gedacht ist: Er soll die Bürgerinitiativen befrieden.

    Aber: Es wird Großbaustellen geben, auch für Erdkabel; es wird nicht einmal überall Erdkabel geben, sondern eben nur "vorrangig"; die HGÜ-Leitungen werden nur benötigt, wenn weiterhin Kohle in gleichem Umfang wie jetzt verstromt wird, und das ist keine Energiewende.
    Ein Beschluss mit viel politischer Sprengkraft, die den sozialen Frieden in Bayern gefährdet. Sauber, Herr Seehofer!

    Seehofer scheint hiermit schon ein politisches Erbe hinterlassen zu wollen – dass die Begeisterung darüber vielerorts nicht vorhanden ist, wird hartnäckig ignoriert: „Ich glaube, das ist eine richtige Entscheidung – ich sage epochal, weil damit auf der einen Seite die Energieversorgung im notwendigen Umfang gewährleistet ist, auf der anderen Seite aber weder die Menschen noch die Natur belastet sind."
    Die Regionen mit den riesigen Kohleabbaugebieten am Ende der Leitungen und die Belastungen durch die Kohlekraftwerke interessieren offensichtlich nicht.

    Und den Grünen hat doch der Seehofer glatt die Forderung nach Erdkabeln geklaut, wie kommt man jetzt aus der Bredouille, dass man womöglich das gleiche will? Fraktionsvize Oliver Krischer (MdB) gibt im Interview alles, ist doch egal, dass Erdkabel ursprünglich gleichermaßen von den Grünen gefordert wurden. Es gibt nur einen "Drehhofer" aber es gibt eine ganze Partei, die mit der Farbe im Namen, die sich komplett ständig dreht. Krischer: „Vom CSU-Populisten und Energiewende-Irrlicht Seehofer getrieben, schafft es Gabriel nicht, angepasste Lösungen für Konflikte beim Netzausbau zu finden". Und: „Die Möglichkeit zur Erdverkabelung von Anfang an und bei allen Übertragungsleitungen hätte uns viele Konflikte, Millionenkosten und Zeitverzögerungen erspart.“ Aber Kohlestromtrassen sind es nun mal trotzdem, Herr Krischer. Hätte man sie noch schneller gebaut, wäre die Energiewende einfach früher kaputt.

    Neuer Endpunkt soll nun Landshut werden, der Bundestag muss dem Kabinettsbeschluss im Herbst aber erst noch zustimmen. Danach beginnt die Bundesnetzagentur mit der Bundesfachplanung, durch die der genaue Trassenverlauf für die Süd-Ost-Trasse festlegt wird.
    Es wird wahrhaft spannend, wie jetzt die Entscheidungen ablaufen, wo die Leitungen in die Erde gelegt werden und wo nicht, denn:
    "Dort, wo Menschen wohnen, sollen künftig Freileitungen verboten sein. Gleichstrom-Freileitungen kommen nur dann ausnahmsweise in Betracht, wenn Naturschutzgründe dafür sprechen oder bereits bestehende Stromtrassen genutzt werden können, ohne dass es zu Umweltauswirkungen kommt."
    Naturschutz und Bestandstrassen - irgendeine Ausrede wird dann wohl meistens gefunden werden, um Monstermasten aufzustellen.

    Am bestehenden Ostbayernring entlang scheint dafür kein Platz zu sein: "Die Pressestelle des Bayerischen Wirtschaftsministeriums teilte dazu ergänzend mit, dass der Ostbayernring nur dann genutzt werden könne, wenn der Ausbau keine zusätzlichen erheblichen Umweltauswirkungen habe. Das sei bereits dann der Fall, wenn die dafür bestehenden Masten um 10 bis 15 Prozent erhöht werden müssten. Damit sei die Nutzung des Ostbayernrings de facto ausgeschlossen." (BR)

    Fraglich bleibt auch, wie es überhaupt zu der Berechnung der Kosten für die Erdverkabelung kommt. Kurz nach dem Energiegipfel am 1.Juli wurde noch von 11 Milliarden Euro an Mehrkosten gesprochen, jetzt sind es nur noch 3 bis 8 Milliarden (geht´s eigentlich noch ein wenig ungenauer?) zusätzlich. Viel Erdverkabelung kann das mit dem Budget nicht werden. Oder es wird, wie so oft, wesentlich mehr kosten als angekündigt.

    Angebliche Kosten Erdverkabelung laut Artikel vom 2. Juli 2015:
    http://www.br.de/nachrichten/en…-strom-106.html


    Mehr zum Kabinettsbeschluss hier:

    http://www.bmwi.de/DE/Presse/pres…did=729806.html

    http://www.br.de/nachrichten/ob…a38e7fd3b7.html

    http://www.focus.de/finanzen/news/…id_4997664.html

    https://www.bayernkurier.de/inland/6452-er…nsch-und-umwelt

    http://www.br.de/nachrichten/st…bayern-100.html

    http://www.sueddeutsche.de/politik/streit…kabel-1.2680966

    http://www.br.de/nachrichten/en…-strom-106.html

  • Die 3 bis 8 Milliarden mehr für Erdverkabelung ist ein Presse-Fehler. dpa oder reuters geben einmal eine Nachricht raus. Die Tageszeitungen kaufen diese Information, damit sie diese verwenden dürfen und prompt liest man etwa 10 bis 15 mal in der Presse, dass die Kosten für Erdverkabelung um 3 bis 8 Milliarden steigen.

    Die 3 bis 8 gab es schon früher, auch beim Energiedialog. Aber damit ist der Faktor gemeint. Also 3 bis 8 mal mehr kostet die komplette Erdverkabelung. Für alle drei HGÜ-Leitungen in Freiluft werden 22 Mrd. veranschlagt. Damit sind wir nicht bei 3 -8 Milliarden mehr, sondern einem Vielfachen davon. Genauer hat es der folgende Text getroffen und da werden dann schon ganz andere Zahlen, insbesondere von 50Hertz, genannt. Ausschlaggebend ist dann auch, wieviel Strecke als Erdverkabelung gebaut wird. Also entweder wird es, wie bei Großprojekten so üblich, im Nachgang deutlich teurer oder die erdverkabelte Strecke ist eher nicht der Rede wert.

    http://www.ovb-online.de/politik/gruene…en-5524842.html

    • Offizieller Beitrag

    Erdkabel sollten auf jeden Fall dort zum Einsatz kommen, wo Leitungen für die Versorgung tatsächlich benötigt werden. Aber HGÜ-Trassen schaden der Energiewende, schon aus diesem Grund kann man als Energiewendebefürworter mit einer Erdverkabelung nicht zufrieden sein.

    Bemerkenswert ist aber wieder einmal, wie gedankenlos diese Trassenvariante gerade auch von Seehofer als großartige Lösung aller Probleme präsentiert wurde - Populismus pur.
    Ein bitterer Beleg dafür, dass belastbare Zahlen und fundierte technische Informationen nicht die Hauptrolle bei politischen Entscheidungen spielen.


    Zitat aus dem Artikel des BR:

    Experte: Keine seriöse Kostenschätzung möglich

    Der Erlanger Professor für Elektronische Energiesysteme Matthias Luther bezweifelt, dass eine halbwegs zuverlässige Kostenschätzung zum jetzigen Stand überhaupt möglich ist.
    Prognosen sind demnach erst möglich, wenn der genaue Verlauf der Trassen feststehe und die Regionen feststünden, wo die Trasse von der Freileitung auf Kabel gehe.

    Erdkabel durch Fels zu verlegen ist sehr viel teurer als durch einen Acker – und der Trassenverlauf steht ja noch nicht fest – auch nicht, wie viel Prozent der Gesamtstrecke am Ende tatsächlich unter der Erde landen.

    http://www.br.de/nachrichten/st…studie-100.html[/url]