Alternativen zum Netzausbau? Bitte nicht! MfG, Bürgerdialog Stromnetz

    • Offizieller Beitrag

    In der Königsstraße 72 in Nürnberg klebt über dem Firmenschild des Vormieters ein unscheinbares Zettelchen - etwa in der Größe eines Heftpflasters-, das den informationshungrigen Betroffenen mitteilt, wo sich das ständige Büro vom Bürgerdialog Stromnetz versteckt hat, frei nach dem Motto "Bitte findet uns nicht, wir können euch sowieso nicht weiterhelfen!".

    Und wenn, dann so: Das am 6. Januar 2016 erschienene Infoblatt der dazugehörigen Website mit dem Titel "Alternativen zum Netzausbau" stellt die spannende Frage: "SPART EINE DEZENTRALE ENERGIEWENDE NETZAUSBAU?" (V.i.S.d.P.: Dr. Peter Ahmels, ihm gebührt unser Dank!). Die Antwort ist wie zu erwarten: "Nö!". Damit soll jetzt wohl mal so richtig das Konzept der Bürgerenergiewende-Befürworter und Trassengegner ausgehebelt werden.

    Die Beweisführung ist alternativlos schlecht, finden sich im Infoblatt doch wieder ärgerlich dumme Sätze wie "Mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Abschaltung der Kernkraftwerke muss in Zukunft insbesondere der Strom aus dem windreichen Norden in die Verbrauchszentren des Südens transportiert werden. Dafür muss das Stromnetz um- und ausgebaut werden." Man könnte glatt meinen, Deutschland hätte 2015 nicht erneut Rekorde beim Stromexport aufgestellt (wie machen die das nur, wird der Strom ins Ausland per WLAN übertragen?), und es bestünde ohne Gleichstromtrassen und den massiven Ausbau des Höchstspannungsnetzes unmittelbar die Gefahr, dass es bald nur noch autarke Minigrids gibt.

    In Speicher will man lieber nicht investieren, das ist zu teuer. Es soll zwar Experten geben, die gerade darin einen Top-Trend in der Energiewirtschaft sehen, mit dem sich sicherlich auch der ein oder andere Euro verdienen ließe, aber davon lässt man sich beim Bürgerdialog Stromnetz nicht beirren: "Im Hinblick auf die natürlichen Schwankungen bei der Stromgewinnung aus Wind und Sonne wird Versorgungssicherheit auf absehbare Zeit am günstigsten durch einen größtmöglichen [!!!] Netzverbund gewährleistet."

    Ein Meisterwerk ist auch die Grafik auf Seite 2. Kleine Ungenauigkeit: Dort fehlen die drei Atomkraftwerke im Norden (Grohnde, Lingen/Emsland und Brokdorf), das sind genauso viele wie in Bayern, die auch genauso wie die in Bayern abgeschaltet werden. Nach dem Bildchen im Infobrief gibt es im windreichen Norden also weder Atom- noch Kohlekraftwerke. Haben vermutlich wegen der vielen schicken Windräder nicht mehr hingepasst - oder haben wir was versäumt und steigt man dort nicht aus der Atomkraft aus?

    Nicht vergessen: Diese lobbyistengesteuerten Pamphlete zahlen wir von unseren Steuergeldern!


    Bürgerdialog Stromnetz Infoblatt "Alternativen zum Netzausbau"

    • Offizieller Beitrag

    Die GbR Bürgerdialog Stromnetz wurde von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel eingesetzt. Klar, woher da der Wind weht. Diese Veröffentlichung darf deshalb nicht unkommentiert bleiben. Die nachstehende E-Mail ging dazu an den Chef dieser Institution:

    Sehr geehrter Herr Dr. Ahmels,

    diese Frage kann ich nicht über den normalen Weg einreichen, vielmehr muss ich Sie schon persönlich ansprechen. Wie kann es sein, dass der Bürgerdialog Stromnetz ein solches Pamphlet herausgibt? Ist es Absicht oder sollen die Bürger gezielt mit falschen Informationen versorgt werden?

    Wieder einmal muss angeblich überzähliger Windstrom vom Norden in den Süden gebracht werden. Dabei steht in allen Netzentwicklungsplänen, zuletzt im 1. Entwurf des NEP 2025 Seite 70 - Szenariorahmen B2 2025, dass der dann im Norden erzeugte Windstrom nicht mal zur Hälfte für den nördlichen Bereich von Nordrhein-Westfalen bis Brandenburg reicht. Und auch dort werden Atomkraftwerke still gelegt. Selbst die Übertragungsnetzbetreiber haben diese Argumentation im Wesentlichen zurück gestellt. Auch die Folgebegründung für die Gleichstromleitungen, die bessere Steuerbarkeit, wurde inzwischen aufgegeben. Jetzt geht es angeblich um den europäischen Stromverbund und die Projects of Common Interest (PCI), aber auch das ist bereits überholt.

    Diese HGÜ-Leitungen sollen allein aus zwei Gründen realisiert werden: Die ausgereizte Rendite von 9,05 Prozent zieht das Kapital
    geradezu magisch an und natürlich sollen auch an den paar windstarken Tagen im Jahr die Kohlekraftwerke nicht zurück gefahren werden müssen. Wo dieser Strom dann hin soll, bleibt offen. Eine größere Steigerung des Exports, über die schon jetzt mit mehr als zwölf Prozent der deutschen Erzeugung hohe Rate hinaus, dürfte nicht möglich sein, ohne die Stromerzeugung unserer Nachbarländer und deren noch zaghaften Ansätze einer Energiewende zu zerstören. Auch bei der Veranstaltung Ihres Hauses in Erlangen ist unwidersprochen geblieben: Diese Monsterprojekte werden überwiegend Kohlestrom aus den deutschen Revieren und Atomstrom von unseren Nachbarländern transportieren.

    Dabei wurde bis heute der Bedarf für diese Kapazitäten von keiner der zuständigen Stellen nachvollziehbar dargelegt. Das Gegenteil ist der Fall. Zahlreiche neutrale Institute und Wissenschaftler haben in ihren Studien nicht nur nachgewiesen, dass diese Leitungen nicht gebraucht werden, dank des aktuellen Strommarktdesigns werden sie auch die dezentrale Energiewende zum Stillstand bringen. Die Politik hört gerne auf die Lobby der Energiekonzerne und tut ein übriges, um Investitionen in Erneuerbare unrentabel zu machen und damit die Wende auszubremsen. Die 50 Mrd. Euro für diese HGÜ-Verbindungen (24 Mrd. lt. ursprünglicher Planung plus 13 Mrd. für die teilweise Erdverkabelung plus 13 Mrd. übliche Teuerung bei Großprojekten), die wir Bürger unnötigerweise über die Netzentgelte bezahlen müssten, wären wesentlich sinnvoller in Maßnahmen zu stecken, die zusammen mit einem noch immer fehlenden umfassenden Energiewendekonzept die Loslösung von den fossilen Trägern zum Erfolg führen würden. Welche Maßnahmen das sein könnten, entnehmen sie bitte unserer beigefügten Stellungnahme zur letzten NEP-Konsultation.

    Bei einigermaßen gutem Willen wird ab 2023 in Deutschland, auch bei Dunkelflauten und auch im Süden, genügend Strom zur Verfügung stehen. Das dürfte auch Ihnen bekannt sein. Ihre, von uns Steuerzahlern finanzierte Gesellschaft nennt sich Bürgerdialog Stromnetz. Dialog bedeutet auch "ergebnisoffen". Ich wäre Ihnen daher dankbar, wenn Ihr Haus mittels Ihrer Funktion als Moderator unsere Argumente auch an die Gegenseite, z. B. an den kapitalhörigen Bundeswirtschaftsminister oder die Bundesnetzagentur, weiterreichen würde. Die Verbreitung von "Märchen", wie das oben genannte Factsheet, ist nicht akzeptabel.

    Für weitergehende Informationen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

    Mit freundlichen Grüßen