Rendite für Stromnetzbetreiber soll gesenkt werden - Investition in Netzausbau bleibt attraktiv

    • Offizieller Beitrag

    Neue Eigenkapitalzinssätze für Strom- und Gasnetzbetreiber veröffentlicht: Zinsen sinken ab 01.01.2019 für Neuanlagen von 9,05 auf 6,91 Prozent.

    "Die gesunkenen Zinssätze spiegeln das derzeit geringe Zinsniveau an den Kapitalmärkten wider. Höhere Eigenkapitalrenditen im Netzbereich wären den Stromverbrauchern nicht vermittelbar", erläutert Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur und ergänzt: "Wir stehen vor großen Investitionen in die Netze. Durch berechenbare Regulierungsentscheidungen sichert die Bundesnetzagentur attraktive Investitionsbedingungen. Wir halten an den bewährten Methoden fest und stellen eine im allgemeinen Umfeld angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals sicher."

    Diese Zinssätze spiegeln jedoch selbstverständlich nicht die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen seit dem Brexit wider – gegenüber der zähen Reaktion der Bundesbehörde wirkt die Planwirtschaft in der ehemaligen DDR geradezu flexibel. Zum Vergleich: Seit dem geplanten Austritt der Briten aus der EU sind die zehnjährigen Bundesanleihen in nur wenigen Tagen von knapp über null Prozent auf minus (!) 0,2 Prozent gesunken. Eine derart statische Zinsplanung verhilft deshalb Netzbetreibern und Finanzinvestoren weiterhin zu vergoldeten Anlagemöglichkeiten. In einem risikolosen Oligopol-Markt für die Netzbetreiber liegen die nun von der BNetzA festgelegten Zinsen noch immer viel zu hoch.

    Die Kosten für den Netzausbau und Netzbetrieb zahlen die Stromkunden über die Netzentgelte. Bau und Betrieb der Netze kosten die Verbraucher derzeit pro Jahr etwa 18 Milliarden Euro. Die Verbraucher bezahlen die Erlöse über die Netzentgelte, die seit Jahren steigen. Inzwischen machen sie mehr als ein Fünftel des Strompreises aus. Die künftigen Regulierungsvorgaben stehen derzeit im Mittelpunkt eines Streits zwischen Bundesnetzagentur und den Ländern, die eine Reform mit Erleichterungen für die Netzbetreiber gefordert haben, um Neuinvestitionen noch stärker zu fördern, weil sie der Ansicht sind, dass Trassenbau und Energiewende das Gleiche sind. Eine merkliche Entlastung des Strompreises ist aber durch die Senkung der Zinssätze auch nach Einschätzung von Fachleuten kaum zu erwarten.

     Es ist sicherlich nicht zuletzt dem zähen Beharren der Trassengegner zu verdanken, dass mit den Neuregelungen durch die Bundesbehörde zumindest geringfügig, wenn auch nicht zufriedenstellend, eingelenkt wurde. Die seit März 2014 verstärkt erhobene Kritik der Bürgerinitiativen an den überhöhten Renditen wurde von Seiten der Politik und Wirtschaft immer wieder als gänzlich ungerechtfertigt bezeichnet, trotz der unaufhaltsamen Talfahrt der am Kapitalmarkt zu erzielenden Zinserträge. Das Bayerische Wirtschaftsministerium bemühte sich während des Energiedialoges vehement um eine Widerlegung der Argumentation unserer Vertreter. Diese unredlichen Versuche, die Renditen für die Netzmonopolisten künstlich „kleinzureden“, kann man nun als gescheitert betrachten.

    Fragwürdig ist aber, warum die Zinssätze schon jetzt festgelegt werden sollen, obwohl der Eigenkapitalzins für Stromnetze erst ab 1. Januar 2019 gelten wird. Ob dies im Einklang mit der Stromnetzverordnung (StromNEV) steht, muss überprüft werden. Der Eigenkapitalzinssatz richtet sich nach den „letzten 10 abgeschlossenen Kalenderjahren“ (§7 Abs. 4 StromNEV). Schöner für Netzbetreiber und Investoren wäre es dann, wenn die Hochzinsjahre 2006 und 2007 noch mit in die Berechnungen einfließen. Deshalb: je früher, desto besser?

    Spannend ist auch der Fakt, dass die „interessierte Öffentlichkeit“ zu den Zinssätzen ab sofort Stellung nehmen kann. Das bedeutet, dass es sich tatsächlich erst mal um „Festlegungsentwürfe“ handelt, nicht aber um eine von Homanns Gnaden erlassene sichere Zinssenkung, wie die zitierten Äußerungen des BNetzA-Präsidenten suggerieren. Ob und wie die betroffenen Netzbetreiber und Investoren diese drohenden Einbußen in den kommenden Wochen zu verhindern versuchen, dürfte interessant werden.

    Die Konsultation endet bereits am 10. August 2016. Eine endgültige Entscheidung soll im September 2016 erfolgen. Wenn man sehr genau sucht, findet man auch einen Link, wo und wie man daran teilnehmen kann – eine rege Bürgerbeteiligung ist jedoch ganz offensichtlich nicht erwünscht.


    Stellungnahmen zum Beschlussentwurf werden bis zum 10.08.2016 (Posteingang) vorzugsweise per E-Mail mit der Betreffzeile „Konsultation Zinssatz Strom“ an zinssatzstrom@bnetza.de oder per Post an die

    Bundesnetzagentur
    Beschlusskammer 4
    Stichwort „Zinssatz Strom“
    Postfach 800153105 Bonn

    erbeten.

    Das Verfahren wird unter dem Geschäftszeichen BK4-16-160 geführt.


    Pressemitteilung BNetzA vom 6. Juli 2016

    Artikel im Stern vom 01. Juli 2016

    15 Mal editiert, zuletzt von D. Hamann (9. Oktober 2017 um 19:15)