Offener Brief an Ministerpräsident Dr. Markus Söder und Staatsminister Hubert Aiwanger

    • Offizieller Beitrag

    Erdkabel sind keine Lösung:
    Moratorium beim überdimensionierten Übertragungsnetzausbau notwendig


    Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Söder,

    sehr geehrter Herr Staatsminister Aiwanger,

    Altdorf, den 12.02.2021

    am 28.01.2021 wurde im Bundestag das Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) verabschiedet, mit den Stimmen der CSU. Mit großer Bestürzung und Verwunderung mussten wir feststellen, dass das Thema Kosten beim Stromnetzausbau in der Diskussion und bei der Entscheidung keine Rolle gespielt hat. Dies halten wir für höchst verantwortungslos gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die diesen Netzausbau über die Netzentgelte finanziell tragen müssen. Die Politik der großen Koalition führt nicht zuletzt Bayern in eine energiepolitische Sackgasse, der dringend notwendige Ausbau der Erneuerbaren Energien in Bayern wird durch den Bau neuer Leitungen und die daraus resultierenden fehlenden Investitionsanreize von verbrauchsnah produziertem Strom erkennbar ausgebremst. Die bayerische Staatsregierung steht jetzt in der Verantwortung, auf diese Fehlentscheidungen zu reagieren und sie zu korrigieren.

    Befremdlich ist, dass es nicht wenige bayerische Bundestagsabgeordnete und Landtagsabgeordnete gibt, die noch immer der Auffassung sind, Erdkabel seien eine sinnvolle Akzeptanzmaßnahme. Damit wird derzeit verstärkt versucht, Wahlkampf zu machen. Dies ist ein folgenschwerer Irrtum und ein sehr geschmackloses Vorgehen gegenüber den Betroffenen, für die sowohl Freileitungen als auch Erdkabel katastrophale Auswirkungen für ihr unmittelbares Lebensumfeld haben. Es ist besorgniserregend, dass von Seiten vieler Politiker*innen gar nicht wahrgenommen wird, was für verheerende Ewigkeitsschäden durch erdverkabelte Stromtrassen – Gleichstrom oder Wechselstrom - für die Natur auf viele Regionen in Bayern zukommen würden: Das Bodenleben käme zum Erliegen, mit gravierenden Auswirkungen für die Natur, für die Wälder, aber auch für die Landwirtschaft. Im Gegensatz zu einigen Bundestagsabgeordneten und Landtagsabgeordneten, die Erdverkabelung vehement einfordern, lehnt das Aktionsbündnis der Trassengegner diese Maßnahmen ab. Stromtrassen, die vorrangig dem Stromhandel dienen, sind auch als kostspielige Erdkabelprojekte volkswirtschaftlich unsinnig und sorgen bei vielen Betroffenen nicht für Akzeptanz.

    Den Übertragungsnetzausbau in diesem Ausmaß voranzutreiben, ohne ihn wirtschaftlich, juristisch, politisch und auf seine Auswirkungen auf die Umwelt hin einzuordnen, steht in eklatantem Widerspruch zu den deutschen Nachhaltigkeitszielen, ist ein höchst unseriöses Vorgehen und damit ein katastrophales Signal!

    Deshalb bitten wir Sie, ein sofortiges Moratorium zu beschließen, um die Rahmenbedingungen und Prämissen für diese seit 2009 existierende, technisch und gesellschaftlich überholte Übertragungsnetzausbauplanung zu überprüfen.

    Das bayernweite Aktionsbündnis der Trassengegner kämpft dafür, die überdimensionierten Übertragungsnetzleitungen, konzipiert für den europäischen Stromhandel mit Atom- und Kohlestrom, zu verhindern, und fordert deshalb im Folgenden:

    • Ein sofortiges Moratorium aller Aufrüstungen im Höchstspannungsstrombereich (Suedlink, Süd-Ost-Trasse, Juraleitung, Ostbayernring, P53/Juraleitung, P43/Fulda-Main-Leitung
    • Ausrufen des Moratoriums durch den Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, um diesem durch den Einfluss der CSU im Bund mehr Nachdruck zu verleihen und das Thema in Bayern zur „Chefsache“ zu machen
    • Unterstützung der Moratoriums-Forderung durch den Bayerischen Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger
    • Forderung einer Kosten-Nutzen-Analyse der Übertragungsnetzbetreiber für jede einzelne Aufrüstungsmaßnahme, wie es die EU vorschreibt
    • Einberufen einer Arbeitsgruppe, die nicht durch die Taskforce Netzausbau geleitet wird, sondern durch eine Taskforce Energiewende mit Teilnehmern auch aus Bürgergenossenschaften und Bürgerinitiativen, die sich für eine dezentrale Energiewende einsetzen
    • Eine echte Transformation des Strom- und Energiesystems hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung unter Zugrundelegung des technischen Fortschritts und Beachtung der Vorsorgeforschung, wie sie in der „Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie - Weiterentwicklung 2021“ beschrieben ist

    Übertragungsnetze produzieren keinen Strom. Die zu erwartenden Kosten haben sich seit 2014 vervielfacht, und die Einschätzung zur juristischen Verhinderung dieser Übertragungsnetze ist erfolgsversprechend. Will die Bayerische Staatsregierung Milliardengräber, Umweltzerstörung, gesundheitliche Gefahren, Austrocknung von Böden und Wäldern und Strompreiserhöhungen über rapide steigende Netzentgelte der mittlerweile über rund 100 Milliarden Euro veranschlagten Übertragungsnetzausbaukosten tatsächlich akzeptieren? Der soziale Frieden wird durch die geplanten Stromtrassen in Gefahr geraten. Im Wahljahr 2021 sollte klar sein, dass wir niemanden aus der politischen Verantwortung entlassen werden, wenn für die schädlichen Milliardengräber und gegen eine dezentrale Energiewende zugunsten der Bürger*innen gestimmt wurde. Analog gilt das für die nächste Landtagwahl 2023 in Bayern.

    Für das Aktionsbündnis der Trassengegner:

    Christine Vasse, BI Altdorf-Burgthann Petra Kraus, BI Schnaittach

    Georg Stumpf, BI Leinburg Olaf Lüttich, BI Leinburg

    Karina Draxler, BI Ludersheim Hubert Galozy, ABSOT

    Sigrid Schindler, Aktionsbündnis gegen die Juraleitung Wolfgang Schmid, BI Büchenbach

    Im Namen zahlreicher weiterer Bürgerinitiativen und Betroffenen.

    Bei Rückfragen:
    Dörte Hamann, Aktionsbündnis Trassengegner / Aktionsbündnis gegen Süd-Ost-Trasse (ABSOT)
    pressestelle@stromautobahn.de, Tel. 01573 2618073

    Nachstehend die Druckdatei des Briefs, sowie weitergehende Hintergrundinformationen