Informationsblatt Nr.2 zur Veranstaltung "Zutritt für Tennet, Amprion und Co. zulassen?"

    • Offizieller Beitrag

    Informationsblatt Nr. 2 zur Veranstaltung "Zutritt für Tennet, Amprion und Co. zulassen?"

    Über 400 Teilnehmer an dieser bundesweiten Onlineveranstaltung am 20. Januar 2022 haben darüber diskutiert und sich Fragen beantworten lassen, wie die betroffenen Grundeigener sich gegen die umweltzerstörenden Maßnahmen der Übertragungsnetzbetreiber wehren können. Aufgrund des starken Interesses wurde bei einem weiteren Diskussionsforum am 3. Februar das Thema vertieft. Hier das von Rechtsanwalt Wolfgang Baumann zur Verfügung gestellte zweite Informationsblatt, in dem er detailliert die Möglichkeiten aufzeigt, die den Grundeignern und -nutzern zur Verfügung stehen.. Dieses gibt es in der Anlage auch zum Download.

    Hier der Link zum Informationsblatt Nr. 1

    Rechtsanwalt Wolfgang Baumann / Fachanwalt für Verwaltungsrecht

    Vorgehen von Grundstücksberechtigten (Eigentümer, Nießbrauchberechtigte sowie Pächter und Mieter) gegen unberechtigtes Vorgehen von Vorhabenträgern (Netzbetreibern und deren beauftragte Firmen) bei Vorarbeiten für Stromleitungen (§ 44 EnWG)

    Praxishinweise zu Vorarbeiten


    In der Praxis bietet das vorgesehene Verfahren den Grundstücksberechtigten eine große Anzahl von Angriffspunkten:

    -1-

    Fehler werden vom Netzbetreiber (NB) bei der Bekanntmachung gemacht: Die Mitteilung kann nicht über SMS oder andere digitale Handlungsvarianten erfolgen, ansonsten kann die Ordnungsgemäßheit der Mitteilung vom Grundstücksberechtigten angezweifelt werden. Zu prüfen ist allerdings, ob eine öffentliche ortsübliche Bekanntmachung erfolgte.

    -2-

    Vorsorglich sollte der Grundstücksberechtigte den angekündigten Vorarbeiten schriftlich widersprechen. Dann wird sich der Vorhabenträger per Anwalt melden, zur Duldung auffordern und behaupten, es könnten Schadensersatzansprüche in erheblichem Umfang entstehen, wenn sich Grundstücksberechtigte gegen die Maßnahme wehren würden. Das ist zumindest bis zum Zeitpunkt einer behördlichen Duldungsanordnung (mit sofortiger Vollziehbarkeit!) nicht richtig.

    -3-

    ln dieser Phase des Verfahrens sollte man dem NB (und dessen Anwalt) in einer schriftlichen Stellungnahme (politisch) klarmachen, warum man die geplanten Maßnahmen für ein späteres Stromprojekt nicht für geeignet hält.


    -4-

    Es unbedingt ratsam, vor Beginn der Maßnahmen auch eine Beweissicherung mit ausführlicher Dokumentation (im Zweifelsfall auch durch einen Sachverständigen) auf Kosten des Vorhabenträgers bei diesem und bei der Planfeststellungsbehörde (z. B. BNetzA bei HGÜ-Trassen) einzufordern. Nur so kann der momentane Zustand des Grundstücks vor dem Eingriff festgehalten werden. Erfolgt die Beweissicherung nicht, wird es später für Grundstücksberechtigte schwer, Schäden nachzuweisen.


    -5-

    Nach einem möglicherweise längeren Schriftwechsel mit dem Vorhabenträger muss dieser einen ausführlichen Antrag bei der Planfeststellungsbehörde (z. B. bei HGÜ: BNA) stellen, die Duldung der geplanten Maßnahmen dem Grundstücksberechtigten gegenüber anzuordnen. Je mehr Gesichtspunkte im Vorfeld gegen das Ausbauprojekt und die Vorabmaßnahmen von den betroffenen Grundstücksberechtigten vorgetragen worden sind, desto ausführlicher wird der vom NB vorzulegende Antrag von ihm zu begründen sein.


    -6-

    Die Planfeststellungsbehörde (z. B. BNA) wird dann auf die Grundstücksberechtigten zugehen. Die BNA muss nämlich die betroffenen Grundstücksberechtigten zu dem Antrag des NB anhören. Deswegen sollte man die Gelegenheit tatsächlich wahrnehmen, alle möglichen Gesichtspunkte gegen den Antrag des NB in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der BNA vorzutragen.

    -7-

    Da die BNA die geplante Stromtrasse durchsetzen möchte, wird sie im Regelfall die Duldungsanordnung, wie vom NB beantragt, (nun allerdings mit erheblicher Verzögerung) erlassen und dem Grundstücksberechtigten zustellen. Gleichzeitig wird üblicherweise der Sofortvollzug angeordnet, d. h. dass die Duldungsanordnung auch dann zunächst wirksam wird, wenn dagegen Rechtsbehelfe (Widerspruch bzw. Klage) eingelegt werden.

    -8-

    Mit der Zustellung der Duldungsanordnung muss der Grundstücksberechtigte sich überlegen, ob er (binnen Monatsfrist) Rechtsbehelfe einlegen möchte. Nur damit kann der Betroffene verhindern, dass die Duldungsanordnung unanfechtbar und damit bestandskräftig wird. Gleichzeitig muss der grundstücksberechtigte Betroffene auch einen Eilantrag zum Bundesverwaltungsgericht mit dem Ziel stellen, die sofortige Vollziehung des Bescheids zu verhindern. Da beim Bundesverwaltungsgericht Anwaltszwang gilt, müssen die Betroffenen hierfür einen Anwalt beauftragen. Es ist sinnvoll, mit einem Anwalt schon vor der Duldungsanordnung Kontakt aufzunehmen, wenn man weiß, dass man klagen möchte, denn die Fristen sind knapp bemessen.

    -9-

    Entscheidet sich der Grundstücksberechtigte dafür, keine Rechtsbehelfe einzulegen und die Duldungsanordnung zu befolgen, muss er nunmehr den NB bzw. die von ihm beauftragten Drittunternehmen auf sein Grundstück lassen. Hier ist aber Vorsicht geboten: Da der Übertragungsnetzbetreiber die Maßnahmen selbst plant, bleibt es meist ungewiss, wie diese Maßnahmen im Detail aussehen. Soweit man dies nicht schon zu Beginn des Verfahrens gefordert hat, ist es jetzt notwendig, bei dem NB konkret nachzufragen, welche Maßnahmen im Detail und wo konkret geplant sind. Vorher sollte man vor Ort keine Termine machen und ersuchen, den Beginn der Maßnahmen zeitlich hinauszuschieben.

    -10-

    Liegen eine Darstellung der konkreten Maßnahmen und eine Beweissicherungsdokumentation vor, bliebe nur noch zu prüfen, ob dem Vorhabenträger naturschutzrechtliche bzw. wasserrechtliche Auflagen für die Vorarbeiten gemacht worden sind und ob diese eingehalten werden. Werden Auflagen nicht eingehalten, sollte man sich an die Gemeinde bzw. das Landratsamt als Sicherheitsbehörden wenden und eventuell einen Anwalt einschalten. Die Missachtung von Naturschutz- und Wasserschutzvorschriften kann eine Straftat bzw. Ordnungswidrigkeit des Vorhabenträgers sein. Diese sollten dann angezeigt werden.

    Spätestens jetzt ist tunlichst darauf zu achten, dass das Duldungsgebot durch den verpflichteten Grundstücksberechtigten zur Vermeidung einer Schadenersatzpflicht
    gegenüber dem Vorhabenträger strikt beachtet wird, falls er nicht mit Rechtsbehelfen gegen die Duldungsanordnung vorgegangen ist.

    Weitere Hinweise:

    Die Betroffenen in einem Trassenabschnitt sollten sich mit anderen vernetzen, um auf Aktivitäten des NB notfalls auch in der Gruppe reagieren zu können. Damit kann man auch vermeiden, dass einzelne Grundstückseigentümer vom NB und dessen Anwalt unter Druck gesetzt werden.

    Kosten bei diesem Vorgehen gemäß 1-l0 entstehen erst, wenn man vor Gericht geht, weil hier Anwaltskosten und Gerichtskosten auf den unterlegenen Kläger zukommen können.

    Schadenersatzforderungen der NB entstehen erst, nachdem eine sofort vollziehbare Duldungsanordnung vorliegt und diese dann trotzdem nicht befolgt wird.

  • olilsvja 14. Februar 2022 um 17:03

    Hat den Titel des Themas von „Informationsblatt zur Veranstaltung "Zutritt für Tennet, Amprion und Co. zulassen?"“ zu „Informationsblatt Nr.2 zur Veranstaltung "Zutritt für Tennet, Amprion und Co. zulassen?"“ geändert.