Beiträge von D. Hamann


    Am 24.05.2020 ruft das bundesweite Bündnis der Trassengegner-Bürgerinitiativen zum Protest-Aktionstag auf. An zahlreichen Orten entlang der geplanten Stromtrassen Juraleitung, Südlink, Südostlink, Ostbayernring und Ultranet finden Aktionen statt, um gegen die Beschleunigung von Planungsverfahren durch rechtswidriges Unterhöhlen der Öffentlichkeitsbeteiligung beim Netzausbau zu protestieren. Gemeinsamer Aktionskonsens der Initiativen ist die Forderung nach einer dezentralen Energiewende.

    Widerrechtliche Ausschaltung der Öffentlichkeit

    Unter dem Vorwand, das Planungssicherstellungsgesetz (PlanSiG) sei zur Aufrechterhaltung von ordnungsgemäßen Planungs- und Genehmigungsverfahren für Vorhaben wie die Planung von Stromtrassen nötig, werden neben rechtsstaatlichen Grundsätzen lang erkämpfte Bürgerrechte eliminiert. Dieses verfassungswidrige Handeln gefährdet zunehmend den gesellschaftlichen Frieden. „Man schafft hier bewusst ein rechtlich fragwürdiges Gesetz mit dem Ziel, Verfahrensvorschriften auszuhebeln und nutzt die Krisenzeit, um in der Öffentlichkeit umstrittene Projekte voranzutreiben. Sogar der Rechtsschutz gegen dieses rechtswidrige Handeln soll ausgeschaltet werden“, ist Rechtsanwalt Baumann aus Würzburg, der viele Trassengegner-Bürgerinitiativen rechtlich vertritt, überzeugt.

    Das PlanSiG soll Anwendung für alle Verfahren - auch für laufende Netzausbauverfahren - finden, die immerhin durch 22 (!) bestehende Gesetze geregelt sind. Wichtig zu wissen: Betroffen sind fast alle zentralen Bereiche des Umweltrechts, beispielsweise das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, das Bundes-Immissionsschutzgesetz, das Kreislaufwirtschaftsgesetz, das Bundes-Berggesetz und das Atomgesetz. Die Öffentlichkeit und Umweltverbände werden dabei in ihrer prüfenden Funktion ausgeschaltet. Die übereilte Verabschiedung eines dermaßen in Bürgerrechte einschneidenden Gesetzes führt zu einem berechtigten Aufschrei in der Bevölkerung. Die willkürliche Festlegung eines vorläufigen Untersuchungsrahmens zur Trassenführung, der Verzicht auf umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfungen bis hin zur Abschaffung von Klagemöglichkeiten sind gesetzeswidrige Maßnahmen, die die Rechtmäßigkeit des PlanSiG infrage stellen.

    Planungssicherheit für Stromtrassen, aber nicht für Erneuerbare Energien?

    Das bundesweite Aktionsbündnis der Trassengegner fordert ein Umdenken für den dringend notwendigen Klimaschutz. Bündnis-Sprecherin Dörte Hamann: „Es ist heuchlerisch, dass die Bundesregierung einerseits den PV-Deckel aufrecht erhält, die Windkraft ausbremst und damit bewusst für maximale Planungsunsicherheit beim dringend notwendigen Ausbau der Erneuerbaren Energien sorgt. Gleichzeitig wird das Planungssicherstellungsgesetz verabschiedet, um den Netzausbau für den europäischen Stromhandel mit Kohle- und Atomstrom und für den Profit der Großkonzerne ungebremst voranzutreiben. Damit wird offensichtlich, dass es das Ziel der Bundesregierung ist, die Energiewende zu verhindern. Ganz klar ist, die Übertragungsnetzbetreiber sehen durch den Bürgerprotest ihr Geschäftsmodell in Gefahr. Für die Stromkunden dagegen entwickelt sich diese fehlgeleitete Fokussierung auf immer mehr Trassen zunehmend zu einer Stromkostenfalle.

    Dass sich die Bundesregierung in Zeiten von Corona nicht scheut, rechtswidrige Mittel für die Durchsetzung von Konzerninteressen einzusetzen, um Bürgerinnen und Bürger mundtot zu machen, werden wir Trassengegner nicht akzeptieren. Wir protestieren auf das Schärfste gegen dieses Vorgehen!"

    Ein vorrangig verbrauchsnaher und regionaler Ausbau von Erneuerbaren Energien kann auch in Krisenzeiten die sichere Energieversorgung gewährleisten und ist zusätzlich um ein Vielfaches kostengünstiger und sogar schneller zu realisieren. Gerade die Corona-Pandemie zeigt, wie wichtig nationale Sicherungsmaßnahmen für systemrelevante Bereiche sind.

    Alle geplanten Stromtrassen sind betroffen

    Die Ablehnung der Bundesnetzagentur, die Planungen bei Netzausbau-Projekten wie Südlink, Südostlink, Ostbayernring, Ultranet und Juraleitung auszusetzen, ist inakzeptabel. Ein rechtlich einwandfreies Verfahren ist in Zeiten der Corona-Krise kaum möglich. „Es geht hier erkennbar nicht um Recht, sondern um das simple Ausüben von Macht. Genehmigungsverfahren für umstrittene Großprojekte, in denen öffentliche Antragskonferenzen und Erörterungstermine stattfinden, müssen ausgesetzt werden, wenn sie nicht wie vorgeschrieben stattfinden können“, ist die einhellige Meinung der Vertreter der Bürgerinitiativen.

    Protest in Zeiten von Corona muss sich an besondere Regeln halten
    Wir müssen Demokratie leben und hochhalten, auch in Corona-Zeiten. Unter Einhaltung aller geltenden Krisenvorschriften ist dies möglich. Die Trassengegner rufen daher zu besonnenem Handeln auf. Die Protestaktionen am 24. Mai werden ausschließlich unter freiem Himmel, mit gebotenem Abstand zueinander und wenn nötig auch Mundschutz stattfinden, um ein Infektionsrisiko auszuschließen.


    Für das bundesweite Bündnis der Trassengegner-Bürgerinitiativen von Südlink, Südostlink, Ultranet, Ostbayernring und Juraleitung:

    Dörte Hamann
    Sprecherin Aktionsbündnis gegen die Süd-Ost-Trasse - für eine dezentrale Energiewende

    pressestelle@stromautobahn.de

    http://www.stromautobahn.de/

    Mitunterzeichnung:
    Petra Filbeck, BüfA Regensburg
    Franziska Hennerkes, Aktionsbündnis Ultranet
    Maria Quanz, Bundesverband der BI gegen SuedLink
    Conny Zeidler, Bürgerinitiativen Aktionsbündnis gegen den Ersatzneubau der Juraleitung

    Überdimensionierter Netzausbau ist wie Kohlestrom vom Mond

    Hunderte von Trassengegnern informieren sich zum Thema dezentrale Energiewende in Berching

    "Stellen Sie sich vor, jemand besitzt ein Kohlekraftwerk auf dem Mond. Dann ist der Netzbetreiber nach den jetzigen Regelungen dazu verpflichtet, dem Kraftwerksbetreiber eine Leitung zur Erde zu bauen, damit dieser seinen Strom an der Börse frei handeln und verkaufen kann." Mit diesem Satz verwandelte Referent Prof. Dr. Christian von Hirschhausen das Dilemma des Netzausbaus bei der Veranstaltung in der mit mehreren hundert Trassengegnern voll besetzten Berchinger Europahalle in ein aussagekräftiges Bild. Der Grund, warum die Gesellschaft und viele Bürgerinitiativen sich seit sechs Jahren mit diesem Thema herumschlagen müssen, liege in vielerlei Hinsicht schlicht an den verfehlten politischen Vorgaben. Um dies zu ändern, brauche es weiterhin einen langen Atem. Die Argumente, warum es richtig ist, sich weiterhin gegen den überdimensionierten Netzausbau zu stellen, wurden in den anspruchsvollen Vorträgen geliefert.

    Die Versorgungssicherheit Bayerns ist über das bestehende Netz gewährleistet. "Deutschland hat eines der sichersten und am besten ausgebauten Stromnetze", so die Feststellung Hirschhausens. In dieser Frage geht er mit Rainer Kleedörfer von der N-ERGIE konform. Es sei "Wahnsinn" und gerade auch aus wirtschaftlicher Sicht vollkommen unvernünftig, was beim Netzausbau von Seiten der Politik hier abgesegnet werde, so der Vertreter des nordbayerischen Energieversorgers. Wichtig sei nun, so intensiv und so schnell wie möglich in die Weiterentwicklung von Großspeichern einzusteigen, bevor Deutschland auch hier wieder das Rennen in zukunftsweisenden Technologie verpasst. Dazu ist müssen PV und Windkraft flächendeckend, also auch in Bayern, ausgebaut werden. Dieser Ausbau sei durchaus mit dem Naturschutz vereinbar, dazu gebe es konkrete Pläne des BUND Naturschutz, mit denen auch die Ziele der N-ERGIE im Einklang stünden, so Kleedörfer.

    Christian von Hirschhausen belegte mit seinem Team aus jungen und engagierten Forscherinnen und Forschern, dass gerade auch der europäische Szenariorahmen (TYNDP) deutlich erkennen lässt, dass mit einer Verstärkung des Stromhandels über neue Leitungen die Menge an Atom im Netz nur mäßig reduziert werden, in manchen Szenarien sogar steige. Diesen "Atomstrom-dienlichen" Plänen setze er gemeinsam mit NGOs und Wissenschaftlern Pläne für hundert Prozent Erneuerbare entgegen - ein sogenanntes PAC-Szenario -, mit denen die Klimaziele von Paris tatsächlich eingehalten werden können.

    Wichtig sei vor allem auch ein rascher Ausstieg aus dem Erdgas, das aufgrund der Methan-Emissionen als echter Klimakiller bezeichnet werden muss und keinesfalls eine Alternative zu Kohle sein könne. Hirschhausens Fazit: Die Energiewende ist alternativlos, und sie ist dezentral. Der jetzt geplante Netzausbau mit Juraleitung, Südostlink, Südlink, P44/P44mod, Ultranet, Ostbayernring und weiteren neuen Übertragungstrassen widerspreche der gesellschaftlichen Realität und den deutlich günstigeren technischen Optionen, die Erneuerbare, der notwendige Ausbau von Speichern und die Verstärkung des Verteilnetzes mit sich bringen.


    SPD beim Thema Netzausbau weder sozial noch demokratisch

    Aufschlussreiche Diskussion bei der Veranstaltung der SPD in Nürnberg am 17.01.2020 mit dem Thema "Stromnetze - Was brauchen wir für die Energiewende?". Deutlich wurde, dass sich die Haltung der SPD-Bundestagsfraktion in nichts unterscheidet von der des Bundeswirtschaftsministers, der Bundesnetzagentur oder der Übertragungsnetzbetreiber.


    „Hermann Scheer hatte nicht recht“, war die Antwort auf die Frage, warum in der SPD die für die Energiewende wegweisenden Ideen und Erkenntnisse des beeindruckenden Politikers aus den eigenen Reihen, der 2010 im Alter von nur 66 Jahren gestorben ist, kein Gehör finden. Die Energiewende brauche einen starken Ausbau des Übertragungsnetzes mit Südlink, Südostlink und weiteren Trassen, der Windstrom aus dem Norden müsse in den Süden transportiert werden. Die SPD stehe "uneingeschränkt" zu Altmaiers Netzausbau-Beschleunigungsmaßnahmen durch das NABEG (Netzausbaubeschleunigungsgesetz), so die eindeutigen Aussagen des Energiepolitischen Koordinators der SPD-Bundestagsfraktion, MdB Johann Saathoff. Mit dem NABEG werden die Mitspracherechte der Bürgerinnen und Bürger in Umweltangelegenheiten massiv beschnitten, lautete die Kritik aus den Reihen des Publikums. Die SPD-Bundestagsfraktion sieht das nicht so. Der Vorstoß des SPD-Fraktionsvize und Umweltexperten Matthias Miersch, den Anwohnern ihr Recht zum Widerspruch beschneiden, damit der Bau der großen Nord-Süd-Übertragungstrassen nicht behindert werden, war Saathoff nach eigener Aussage nicht bekannt.

    Ein starker und überzeugender Diskussionsbeitrag kam von Josef Hasler, Vorstandsvorsitzender der N-ERGIE. Zu Johann Saathoff gewandt: "Wenn ich mir anhöre, was Sie gesagt haben, weiß ich, warum ich hier bin." Bei der Energiewende findet „alles im Verteilnetz statt, Dezentralität ist die neue Zentralität“, so Hasler. Die ausufernden Kosten der geplanten Übertragungstrassen seien inakzeptabel, weshalb die N-ERGIE die Pläne der Bundesregierung in ihrer jetzigen Form ablehne. Der Netzausbau ist einer der wesentlichen Gründe dafür, dass die Strompreise immer weiter steigen, die Energiearmut wächst. Immer mehr Menschen wird einfach der Strom abgestellt, weil sie die Rechnung dafür nicht mehr bezahlen können.


    Für die regionalen SPD-Vertreter ist die offen ignorante Haltung der Bundestagsfraktion problematisch, gerade wenn sie sich, wie die Neunkirchener Bürgermeisterin Martina Baumann, vor Ort stark gegen den überdimensionierten Netzausbau engagieren. Die Basis der SPD kann jedenfalls keine Unterstützung aus Berlin erhoffen, wenn sie sich für die dezentrale Energiewende in Bayern einsetzt.

    Kommentar: Netzentwicklungsplan 2030 überarbeiten und an die Erfordernisse einer ambitionierten Energiewende anpassen

    16. Januar 2020

    Anlässlich des inzwischen durch die Bundesnetzagentur bestätigten NEP 2030 und des heute durch Lorenz Jarass vorgestellten Gutachtens dazu, erklärt der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt:

    "Die Bundesnetzagentur plant die Stromtrassen in Deutschland auf völlig falschen Grundlagen. Statt auf mehr Stromautobahnen zu setzen muss der Netzausbau viel stärker als bisher auf die regionalen und vor allem dezentralen Stromerzeuger und Bedarfe ausgerichtet werden. Wir fordern daher die Bundesregierung auf, den Netzentwicklungsplan 2030 nicht im Kabinett zu beschließen. Der NEP muss überarbeitet und sich an deutlich reduzierten Energieverbräuchen orientieren.

    Erneuerbare Energien sind hochflexibel, lassen sich an die lokalen Gegebenheiten anpassen und brauchen keine Hochspannungsleitungen, die Natur und Landschaft durchschneiden. Auch wird die Energiewende nur dann zu bewältigen sein, wenn sie dezentral, durch Bürgerinnen und Bürger oder Stadtwerken umgesetzt wird. Weiterhin Großkonzernen nachzulaufen und die unnötig hohen Kosten eines Netzausbaus auf Privathaushalte und Gewerbe umzulegen – das darf nicht die Lösung sein."

    Werner Neumann, Sprecher des Arbeitskreises Energie beim BUND, betont zudem:

    "Die Zeiten, in denen Strom beliebig durch die Republik geschickt werden muss, sind lange vorbei. Strom aus Wind und Sonne ist längst zur verlässlichen Energiequelle geworden. Ein regionaler Ausgleich ist mit flexiblen Kraftwerken, Kraft-Wärme-Kopplung sowie Laststeuerung einfach möglich. Auch hierfür braucht es keine überdimensionierten Stromtrassen.

    Das heute vorgestellte Gutachten von Jarass macht das auch noch einmal deutlich. Die Bundesnetzagentur denkt in völlig veralteten Dimensionen und schätzt den zukünftigen Energiebedarf falsch ein."

    Mehr Informationen

    Das Märchen von der Stromtrasse an der Autobahn

    In einer Region am Südostlink hält sich weiterhin das hartnäckige Gerücht, es wäre eine Option, den Südostlink entlang der Autobahn zu verlegen. Ein paar Politiker im Norden von Abschnitt C nehmen damit eine Sonderstellung in der Diskussion um den Netzausbau ein. Als Beispiel wird immer wieder die Leitung ALEGrO von Deutschland nach Belgien herangezogen, mit der belegt werden soll, dass dies möglich sei. Die explodierenden Kosten des Netzausbaus, die jeden Stromkunden treffen, und die Schäden in der Natur werden bei dieser Diskussion vollkommen ignoriert.

    ALEGrO ist eine astreine Kohlestrom-Trasse und vor Ort gerade auch aus diesem Grund höchst umstritten (hier), dieses Merkmal hat die Leitung mit dem Südostlink gemeinsam. Die Erdkabel werden nur in kleinen Abschnitten "enger" entlang der Autobahn verlegt. Eine "Autobahntrasse" gibt es nicht. Die Transportkapazität von ALEGrO soll bei rund 1 Gigawatt liegen. Der Südostlink war von Beginn an auf 2 Gigawatt ausgelegt, es war aber schon seit mindestens Anfang 2017 immer die Rede davon, ihn mit Leerrohren auf 4 GW zu erhöhen. Die 4-GW-Variante war von Beginn an eine Option, und auch der Südlink ist mit 4 GW geplant. Das hatte nichts damit zu tun, ob die Wechselstromleitung P44/P44mod wegfällt oder nicht, wie jetzt plötzlich behauptet wird. Im Gegenteil: Die Wechselstrom-Leitung P44/P44mod wurde von Tennet bislang immer als n-1-Ausfallsicherheit bezeichnet - wenn der SOL ausfällt, ist die P44/P44mod der Ersatz.

    Politische Agenda: Zusammenhalt der Trassengegner schwächen

    Inzwischen wurde diese Argumentation einfach mal geändert, jetzt wird behauptet, die Erhöhung des Südostlink sei notwendig, wenn die P44/P44mod wegfalle. Damit wird gleichzeitig versucht, ein wenig Missgunst unter den Trassengegner zu schüren, deren bundesweiter Zusammenhalt der Anfang vom Ende des überdimensionierten Netzausbaus sein kann, nach dem Motto: "Ihr bekommt die breitere Trasse, weil die anderen es geschafft haben, gar keine zu bekommen."

    Eine Wechselstrom-Ersatztrasse wird zu einer Gleichstromtrasse im Korridor der Gleichstrom-Trasse, die sie ersetzen soll?! Erkennbar ist: Die Argumentation richtet sich nicht nach technischen Fakten, sondern nach einer politischen Agenda. Den Trassenbefürwortern steht das Wasser offensichtlich bis zum Hals. Wer sich anschauen will, mit welchem technischen Aufwand allein eine 1-GW-Erdkabeltrasse verbunden ist, siehe hier - im Randstreifen einer Autobahn verschwindet sie nicht.

    Presseberichte, die zeigen, wie aufwändig die Arbeiten für Alegro sind:

    Deutsch-belgische Stromtrasse - Der erste „Alegro“-Transformator erreicht Oberzier

    Ein 260-Tonnen-Riesentrafo auf der Reise

    Broschüre zum Bau von Alegro

    Der Geist von Wackersdorf

    Volles Haus bei der Vorstellung des Gutachtens zum Netzentwicklungsplan (NEP) 2030 von Professor Lorenz Jarass in Neustadt/Waldnaab am 22.01.2020

    "Es ist doch nicht die Frage, geht die Trasse bei mir vorbei oder nicht, sondern: Wie viel wollt Ihr denn zahlen an die Übertragungsnetzbetreiber und Profiteure? Der Netzausbau geht jeden von uns etwas an!" - mit dieser zentralen Feststellung brachte Rechtsanwalt Wolfgang Baumann das Thema der Veranstaltung in Neustadt/Waldnaab auf den Punkt. Mit seinem Gutachten zeigt Prof. Lorenz Jarass auf, dass eine dezentrale Stromerzeugung wegen der Nichtberücksichtigung der Netzausbaukosten systematisch benachteiligt wird, wodurch die Energiewende und der Klimaschutz behindert werden. Das Bundesbedarfsplangesetzt dürfe deshalb nicht verabschiedet werden, so die Forderung des Experten.

    "Verjagt sie!" war der Ratschlag von Rechtsanwalt Baumann an die Grundstücksbesitzer, die derzeit von Bohrungen durch Tennet betroffen sind. Das gelte allerdings nur für diejenigen, die sich im Landkreis Wunsiedel befinden. Am Montag hatten der Landkreis sowie der BUND Naturschutz und weitere Vereine Klage gegen den Südostlink erhoben. Damit können sich die Betroffenen darauf berufen, dass derzeit ein Verfahren laufe, ein Eingriff in ihre Rechte sei demnach inakzeptabel.

    Für viele weitere Betroffene entlang der geplanten Stromtrassen gilt dieser Schutz nicht - sie sollten sofort bei ihren Vertretern der Kommunen einfordern, dass diese sich schützend vor die Regionen stellen, indem sie dem Beispiel des Landkreises Wunsiedel folgen und Klage einreichen. Das sogenannte "Hamelner Bündnis", das zahlreiche Landkreise - außer Wunsiedel - vertritt, hat bislang jedoch signalisiert, dass es gegen die Pläne der Trassenbauer nicht juristisch vorgehen werde, was schlicht daran liegt, dass dieses Bündnis ein grundsätzlicher Befürworter des Netzausbaus ist.

    Die Politik forderte Rechtsanwalt Baumann auf, Nägel mit Köpfen zu machen und gegen den Südostlink zu klagen, anstatt nach sinnlosen Alternativen für einen Verlauf entlang der Autobahn zu suchen. Die Wunsiedel-Klage könne auch an anderen Trassen wie der Juraleitung oder dem Südlink als Paradigma verwendet werden.

    Rainer Kleedörfer von der N-ERGIE sorgte für einen Blick über den Tellerrand und stellte die fundamentale Bedeutung des Wärmemarktes für die Energiewende und die Erreichung der Klimaziele in den Vordergrund. "Sich anzumaßen, dass die Energiewende zentral sein muss, ist der falsche Weg", so seine Kritik an den politischen Entscheidern. Dies führe zu irrigen Annahmen und der Behauptung, man müsse erst das Stromnetz massiv ausbauen, um überhaupt Erneuerbare Energien zubauen zu können. Kleedörfer: "Das ist Blödsinn im System".

    Die Neustädter Stadthalle war komplett gefüllt, und auch vom Südlink, der Juraleitung und der P44mod waren Trassengegner angereist, um sich untereinander weiter zu vernetzen. Der Geist von Wackersdorf sei zu spüren, so das begeisterte Fazit von Rechtsanwalt Wolfgang Baumann. Und er muss es wissen, da er seinerzeit die Gegner der atomaren Wiederaufbereitungsanlage vertreten hat.



    PRESSEEINLADUNG

    Donnerstag, 16. Januar 2020 um 13.30 Uhr
    im Hotel Albrechtshof, Albrechtstraße 8, 10117 Berlin
    Bankettsaal “Jochen Klepper” – Für das leibliche Wohl ist gesorgt!

    Das aktuelle Gutachten von Prof. Dr. Lorenz Jarass wird erstmalig vorgestellt. Die Nichtberücksichtigung der Netzausbaukosten ist ein ausschlaggebender methodischer Fehler, der die gesamte Bedarfsanalyse des aktuellen Netzentwicklungsplans (NEP) in Frage stellt. Auftraggeber des Gutachtens ist der „Initiativkreis NEP 2030“, der von Bürgerinitiativen, der Nürnberger N‑ERGIE Aktiengesellschaft, dem BUND Naturschutz, den NaturFreunden Deutschlands, Vereinen, zahlreichen Kommunen und durch den Würzburger Rechtsanwalt Wolfgang Baumann getragen und unterstützt wird. Die Dachverbände der Bürgerinitiativen gegen Südlink, Südostlink, Ultranet und Juraleitung bilden für den Widerstand gegen den geplanten Netzausbau eine deutschlandweite Allianz und sind in Kooperation mit dem Initiativkreis Veranstalter der Pressekonferenz.

    Der Initiativkreis übt an der aktuellen Netzentwicklungsplanung scharfe Kritik. Der NEP als Grundlage für den Bundesbedarfsplan 2020 Stromnetz, der den Ausbau des Höchstspannungsnetzes für die kommenden Jahre festschreiben soll, ist inakzeptabel und darf nicht verabschiedet werden. Der Ausbau eines überdimensionierten Übertragungsnetzes ist unwirtschaftlich, unsozial, umweltzerstörend und für die Energiewende kontraproduktiv. Er dient nicht der Versorgungssicherheit, sondern überwiegend dem europaweiten Handel mit Atom- und Kohlestrom und gefährdet damit die Einhaltung der Klimaziele.

    Als Gesprächspartner anwesend sind:

    • Dr. Lorenz Jarass
    • Rainer Kleedörfer, Leiter Unternehmensentwicklung / Beteiligung N‑ERGIE Aktiengesellschaft
    • Rechtsanwalt Wolfgang Baumann
    • Michael Müller, Bundesvorsitzender NaturFreunde Deutschlands
    • Vertreter der Bürgerinitiativen vom Aktionsbündnis gegen die Juraleitung P53, Aktionsbündnis gegen die Süd-Ost-Trasse, Aktionsbündnis Ultranet und Bundesverband gegen SuedLink

    Die Veranstaltung ist öffentlich. An alle Medienvertreter ergeht herzliche Einladung. Vertreter der Verbände und Initiativen stehen nach der Vorstellung und Konferenz gerne für Interviews zur Verfügung. Um Zusage per E‑Mail an pressestelle@stromautobahn.de wird gebeten.

    Mit freundlichen Grüßen, auch im Namen der Vertreter des Initiativkreises,

    Dörte Hamann
    Sprecherin Aktionsbündnis gegen die Süd-Ost-Trasse – für eine dezentrale Energiewende

    pressestelle@stromautobahn.de

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    „Jetzt red i 2.0“ in Bonn

    Präsident der Bundesnetzagentur lädt Landwirt Hubert Meiler nach Bonn ein

    Bei der BR-Sendung „Jetzt red i“ hatte der Landwirt Hubert Meiler sich gegen die großräumige Zerstörung landwirtschaftlicher Flächen durch den Bau erdverkabelter Megatrassen wie dem Südostlink ausgesprochen. Das hatte der Präsident der Bundesnetzagentur (BNetzA) Jochen Homann im Fernsehen gesehen und Hubert Meiler spontan zu einem „Infogespräch“ nach Bonn eingeladen. Beim Gespräch dabei waren die Aktionsbündnis-Sprecher Josef Langgärtner und Dörte Hamann, begleitet wurde die Fahrt von einer Journalistin des Bayerischen Rundfunks. Auf Seiten der Bundesnetzagentur wurde ein beeindruckendes Personal aufgefahren: Neben dem Präsidenten der Bundesbehörde waren Matthias Otte (Abteilungsleiter Netzausbau), Markus Doll (Leiter Referat Netzentwicklung), Janine Haller (die z.B. die Erörterungstermine zum Südostlink geleitet hat), ein Vertreter des Referates Umweltprüfung der BNetzA und Johannes Botschek als unabhängiger Bodenkundler anwesend.

    BNetzA nicht im Dienst der Großkonzerne?

    Anfangs scherzt BNetzA-Chef Homann noch, man müsse doch einfach mal zusammenkommen, auch wenn keine absoluten Übereinstimmungen zu erwarten seien, oder wie es auf gut Bayerisch heiße: „Guad, dass ma gred ham!“ - was auf bayerischer Seite Aufgrund der Aussprache erst nicht verstanden wird. Nicht lange nach Beginn des Gespräches setzt der Bundesnetzagentur-Chef genauere Leitplanken, innerhalb derer er sich den Dialog vorstellt: Die Trassengegner mögen doch bitte keine Worte verwenden wie „Todesstreifen“ für Erdkabel-Trassen, und er wünsche sich, die Behauptung, der Trassenbau diene nur den Interessen der wirtschaftlichen Nutznießer und die Bundesnetzagentur arbeite im Sinne der Energieriesen, während des Gesprächs doch bitte zu unterlassen. Die Position der Bundesnetzagentur sei einwandfrei: „Für uns zählen nur die Argumente, wir stehen nicht im Dienst der Großkonzerne!“ Hubert Meiler ist nicht zufrieden: „Dann sagen´s mir mal Argumente, warum der Südostlink jetzt im Osten entlang läuft und nicht mehr am ursprünglich geplanten Verlauf?!“ Eine treffende Frage, denn die Entscheidung von 2015, die HGÜ-Leitung zu verschieben, gilt unter Fachleuten als technisch ungünstigere Variante und somit als politisch motivierte Planung, so jedenfalls auch die Feststellung auf dem Energiegipfel.

    Mit dem gerechten Zorn von Landwirt Hubert Meiler hatten die Vertreter der BNetzA offensichtlich nicht gerechnet, eine gewisse Ratlosigkeit ob der Hartnäckigkeit ihres Gegenübers ist ihnen während des zweieinhalbstündigen Gespräches deutlich anzusehen. Eindringlich appelliert Hubert Meiler immer wieder an die Verantwortlichen: „Sie sind doch die Behörde, die sagen muss, was gut und was schlecht ist. Wenn die Fachbehörden es nicht machen, dass sie die Politik aufklärt, wer dann?“ Klar wird: Die Bedenken der Trassenkritiker gegenüber dem Mammutprojekt können nicht entkräftet werden, da gerade auch die dürftige Faktenlage zum Thema Bodenschutz als beunruhigend bezeichnet werden muss.

     

    Ein wichtiges Ergebnis des Gespräches war aber auch die endgültige Absage der Autobahnvariante.

    Für regelrechte Erheiterung bei den BNetzA-Vertretern sorgt die Nachfrage, wie es denn um die von der CSU gewünschte Autobahnvariante im Raum Weiden bestellt sei. Technisch nicht möglich und deshalb längst als Option beerdigt, so die deutliche Aussage. Warum die öffentliche Diskussion von einigen CSU-Politikern weiterhin angeheizt wird? Kopfschütteln der Behörden-Vertreter und Unverständnis. Die Fakten dazu seien klar. Der Raum sei zu eng für breite Baustellen, die für die Erdkabel-Trasse unumgänglich seien.

    Ein weiterer Schwerpunkt des Gespräches liegt auf dem Thema Bodenschutz, die Antworten dazu geben Anlass zur Sorge.

    Ist der gesetzlich festgelegte Vorrang für Erdkabel am Südostlink technisch sinnvoll oder können wir die als eine vorwiegend politische Entscheidung zur Bürgerberuhigung verstehen?
    Einschätzung von Seiten des Bodenkundlers Dr. Johannes Botschek: „Erdkabel sind nicht die beste technische Lösung, sondern da kann ganz viel falsch laufen, gerade während der Bauarbeiten.“ Wenn beispielsweise der Bau auf feuchten Böden durchgeführt wird, verursacht dies deutlich höhere Schäden, die Arbeiten müssten in diesem Fall eigentlich eingestellt werden. Gesichert werden sollen die fachgerechten Erdarbeiten durch bodenkundliche Baubegleiter.

    Wenig hilfreich die Antwort Präsident der Bundesnetzagentur (BNetzA) Jochen Homann zur Fragwürdigkeit aufwändiger und teurer Erdkabel: „Sie hätten ja Freileitungen fordern können!“ Und dann? Gerade bei Freileitungen von Gleichstrom-Trassen gibt auch nach Aussagen des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) unerforschte gesundheitliche Risiken, ein Gesundheitsrisiko durch Luftschadstoffe, das aufgrund der Aufladung von Partikeln an Hochspannungsleitungen entsteht, kann bislang nicht ausgeschlossen werden.

    Der Boden ist ein Lebewesen
    Die Böden werden zuerst vom Vorhabenträger, also Tennet, untersucht. Dann untersucht ein Gutachter die bodenkundlichen Gegebenheiten. Dieses Verfahren wird nicht von einem weiteren unabhängigen Gutachter überprüft.

    Die Vertreter der Bundesnetzagentur versuchen zu beruhigen. Bei Ernteausfällen gebe ja schließlich ein Anrecht auf Entschädigung. Wer die Beweislast tragen muss, ist jedoch klar: die Geschädigten. Ob es realistisch ist, in Zeiten von Dürre aufgrund des Klimawandels zu belegen, dass der Schaden vorrangig aufgrund des Erdkabels ausgelöst wurde, bleibt offen.

    Hubert Meiler will diese Schäden nicht widerstandslos in Kauf nehmen. „Für mich ist der Boden ein Lebewesen, für das ich als Landwirt Verantwortung trage!“

    Wurden ausreichend verschiedene Bodenarten untersucht?
    Nach Aussage des Bodenkundlers ist dies nicht der Fall, er hätte sich gewünscht, dass mehr unterschiedliche Bodenarten Gegenstand der Untersuchungen seien.

    Gibt es unabhängige Studien zu den Auswirkungen von Erdkabeln auf den Boden, die nicht im Auftrag eines Übertragungsnetzbetreibers durchgeführt wurden?
    Es werden keine Studien genannt. Neben der bekannten Trüby-Studie von 2014, die für Amprion erstellt wurde, werde demnächst eine Studie im Auftrag des Netzbetreibers TransnetBW veröffentlicht.

    Wie hoch die Temperaturen aufgrund der Erdkabel für den Erdboden sind? Ein Grad an der Erdoberfläche, sagen die BNetzA-Vertreter. Die Trüby-Studie verlässt sich jedoch bezüglich der Kabeltemperaturen ungeprüft im Wesentlichen auf die Angaben von Amprion, eine Verantwortung zur Richtigkeit der für die prognostizierten Temperaturen wird darin nicht übernommen (Trüby S. 4). Die Ergebnis-Präsentation der Trüby-Studie spricht von einem maximalen Temperaturanstieg an der Oberfläche von fünf Grad Celsius (S. 32).

    Auf die Frage, wie hoch den die magnetische Feldstärke über der Trasse sein werde, können oder wollen die Fachexperten nicht antworten. Dabei wäre es eine einfache Rechnung: Für jedes für den Südostlink in Frage kommende System- entweder 320 kV oder 525 kV - kann man die Feldstärke näherungsweise bestimmen. Das wären genau zwei physikalische Rechenschritte.

    Ein grundlegendes Problem bei der Bewertung der zu erwartenden Bodenerwärmung, der Grabentiefe etc. sei, dass weiterhin offen ist, welche Erdkabel überhaupt verwendet werden. „Hier bitten wir Sie einfach noch um Geduld! Es steht doch noch gar nicht fest, mit welcher Technik wir hier vorgehen!“, so Matthias Otte, Abteilungsleiter Netzausbau. Dass man auch keine genauen Kosten für den geplanten Netzausbau nennen kann, ist dann schon folgerichtig. Trotzdem steht in der Argumentation der BNetzA wie auch der Übertragungsnetzbetreiber außer Zweifel, dass die geplanten Netzausbau-Projekte alternativlos für eine angeblich kostengünstige und sichere Energieversorgung im Rahmen der Energiewende seien. Auf die Kritik zur mangelnden Transparenz der Kosten und zu fehlenden Kosten-Nutzen-Abwägungen wird seitens der BNetzA empfindlich reagiert.

    Einen wichtigen Ratschlag gibt der Bodenkundler dem bayerischen Landwirt Hubert Meiler mit auf den Weg: „Lassen Sie vor dem Bau ein Monitoring Bodenleben für Ihre Grundstücke erstellen.“ Damit könne man die möglichen Schäden durch den Bau der Erdkabel-Trasse eindeutiger definieren. Die Rechnung trägt der Landwirt.
     dh+jl/09.11.2019

    Bye bye Bürgerdialog!

    Realsatire statt Risikokommunikation bei Infoveranstaltung des Bürgerdialog Stromnetz zum Thema „Elektromagnetische Felder und Stromnetze“

    Wie bringt man renitenten Trassengegnern bei, dass vom Stromnetzausbau keine gesundheitlichen Gefahren ausgehen? Ein Bundesamt muss die Bürgerinnen und Bürger schützen. Eine aktuelle Veranstaltung in Weiden am 22. Oktober 2019 zeigt jedoch: Es werden keine differenzierten Aussagen zu Gleichstromtrassen getroffen, keine Messwerte der magnetischen Felder geliefert, und man arbeitet mit uralten Diagrammen von Wechselstrom-Erdkabeln aus dem Jahr 2010: So geht keine Aufklärung zu dem wichtigen Thema Gesundheit. Stattdessen wird hartnäckig versucht, den massiven Netzausbau als alternativlosen Teil der Energiewende zu verkaufen – Greenwashing im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums.

    Das Thema „Risikokommunikation“ stellt beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) einen Forschungsschwerpunkt dar. Dazu werden Fachgespräche geführt, es wird um geeignete Methoden und Formulierungen gerungen, wie man die Sorgen und Ängste der Bevölkerung ernst nehmen und die Betroffenen „mitnehmen“ könne beim für die Energiewende angeblich notwendigen Netzausbau. In enger Zusammenarbeit mit dem Bürgerdialog Stromnetz (BDS) wird der Ausbau des Stromnetzes auf Schautafeln und in Infobroschüren als grundlegendes Element der Energiewende dargestellt.

    Glaubwürdigkeitslücke

    Für die möglichen Gefahren durch Gleichstromtrassen stellte die Strahlenschutzkommission (SSK) schon 2013 fest: „Die Angabe von belastbaren Schwellenwerten für Wahrnehmungs‑, Belästigungs‑, Schmerz- und Gefährdungseffekte ist im Hinblick auf die begrenzte Datenlage, insbesondere hinsichtlich der Anzahl der untersuchten Personen und der Einflüsse von Kofaktoren wie z.B. Ionendichte, derzeit nicht möglich. Die SSK empfiehlt daher die Durchführung weiterer Forschungsprojekte zur Wahrnehmung vor allem in Form von Humanstudien unter gut kontrollierten Bedingungen.“ (hier)

    Das BfS ist jedoch seit dem Startschuss 2017 für das Forschungsprogramm zum Stromnetzausbau erkennbar nicht vorangekommen. Die Folien der Referenten bringen keine Ergebnisse aktueller Studien, sondern haben denselben Infogehalt wie die Website des Bundesamtes. Auf Nachfrage wird bestätigt, dass die Studien nicht vor 2030 fertig sein werden und die Ergebnisse kaum Auswirkungen auf die aktuellen Netzausbau-Planungen haben werden.

    Deshalb kommt es, wie es kommen muss: Der Bürgerdialog Stromnetz landet nicht zum ersten Mal im „Infoveranstaltungs-Crash“. Die Situation ist ausweglos: Wie präsentiert man Trassen-Pläne als gesundheitlich unbedenklich, die aus ganz anderen Gründen als dem Thema Gesundheitsschutz (die Energiewende ist dezentral, der Netzausbau wird als unnötig betrachtet) abgelehnt werden und für die es nur unzureichende Forschungsergebnisse gibt? Die Einschätzung des ehemaligen BfS-Chefs Wolfram König von 2016 trifft immer noch den Kern des Problems: “Das sind auch die Ergebnisse aus unseren Veranstaltungen, da stoßen wir schnell an Grenzen, wir versuchen deutlich zu machen, wo wir unseren Erkenntnisstand haben. Die Risiken sind sehr relative Risiken, aber wir können solche Ergebnisse nicht verschweigen. Sie werden dann von anderen problematisiert, und dann sind wir in einer Glaubwürdigkeits-Lücke, die uns eventuell ganz andere Schwierigkeiten bereitet.” (siehe Stromautobahn.de: „Bankrotterklärung für den Gesundheitsschutz beim Netzausbau“)

    Magnetfelder über dem Grenzwert?

    Ein auf einer Schautafel angepinntes Diagramm eines Erdkabel-Magnetfeldes fällt bei der Veranstaltung dadurch auf, dass es nicht gerade brandaktuell, sondern vom November 2010 ist. Auch auf Nachfrage wird die zugrunde liegende Stromstärke nicht genannt. Eine nachträgliche Überprüfung ergibt 1380 Ampere. Hochgerechnet auf das für den Südostlink geplante 520kV-System wären das bei 3846 Ampere für ein 2 GW-Kabel 446 Mikrotesla (µT) in der Höhe von 20 Zentimetern über dem Erdboden. In Erdbodenhöhe wären das 505 Mikrotesla und damit über dem in der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) festgelegten Grenzwert von 500 Mikrotesla.

    Bauchlandung bei der Mediation

    Dass die Wahrnehmung der Betroffenen nicht den wissenschaftlichen Standards der Referenten genügt, wird während der Diskussion offensichtlich – das muss sie jedoch auch nicht, denn das ist nicht die Pflicht der Betroffenen. Mit den Sorgen der Menschen korrekt umzugehen ist jedoch genau die Aufgabe der eigens dafür angestellten Mediatoren, Referenten und Moderatoren. Diese stoßen jedoch bei der Veranstaltung in Weiden erkennbar an ihre Grenzen und zeigen sich wenig professionell.

    Ein BI-Mitglied kritisiert zu Recht die sehr verschwommenen Formulierungen zu den möglichen Gesundheitsrisiken, die klar aufzeigen, dass es Wissenslücken gibt: „Ihre Aussagen sind aber alles andere als überzeugend und beruhigend!“ - Antwort Mediator vom BDS: „Ja, wenn Sie trotzdem Angst haben, dann ist das halt so!“

    Der Fachmann für elektromagnetische Felder reagiert empfindlich auf die Einwände der Zuhörerschaft: „Ich schlage mir hier meine Freizeit um die Ohren, nur um mir Ihre Statements anhören zu müssen! Sie sind auf der falschen Veranstaltung, denn sie argumentieren politisch! Ich bin nicht für die Leute da, die mit gelben Warnwesten protestieren, sondern um die Bürger zu informieren, die Fragen haben!“ Eine auch nur annähernd bemerkenswerte Anzahl von Bürgern, die keiner Bürgerinitiative angehörten, gab es in Weiden jedoch nicht. Neben Trassengegnern sind die übrigen Zuhörer erkennbar der Kommunalpolitik und –verwaltung zuzurechnen, auch eine Tennet-Vertreterin sitzt in der letzten Reihe und hört zu. Aber diese Teilnehmer stellen keine Fragen und gehören nicht zum Kreis der Betroffenen.

    „Fachwissen“ für Landwirte

    Auch „Naturschutz und Technik“ sollen laut Programmankündigung einen Schwerpunkt der Veranstaltung bilden. Symptomatisch für das Niveau der Antworten ist dieser Schlagabtausch:

    Frage von Landwirt Hubert Meiler: „Was passiert mit den Kleinstlebewesen im Boden? Die gesamte Natur reagiert auf Magnetfelder! Dazu habe ich überhaupt keine Studien gefunden.“ Antwort der Referentin des Bundesamtes für Strahlenschutz: Doch, es gebe durchaus Studien, die beziehen sich hauptsächlich auf HGÜ-Seekabel. Wie die Lebewesen im Meer darauf reagieren? In den Augen der Fachleute vom Bürgerdialog Stromnetz muss man das entspannt sehen: „Nun ja, die Fische scheinen da schon drauf zu reagieren. Die sind dann ein wenig verwirrt in der Nähe von einer großen Leitung, die schwimmen dann weg.“ Antwort Hubert Meiler: „Ja, die Kleinstlebewesen in der Erde können aber nicht wegschwimmen!“

    Laut Info eines BDS-Mitarbeiters ist Ende des Jahres Schluss mit dem „Bürgerdialog Stromnetz“. Das wäre kein Verlust. Eine Greenwashing-Einrichtung auf Kosten der Steuerzahler weniger.

    dh/27.10.2019

    Kampf dem #WindstromMärchen

    Der Grund für den Netzausbau: Stromhandel.

    Nicht Windstrom vom Norden in den Süden, sondern Atomstrom und Kohlestrom von West und Ost quer durch Europa.

    Südostlink und Südlink werden 2025 nicht fertig sein. Die EU droht ab diesem Zeitpunkt mit einer Unterteilung Deutschlands in zwei Strompreiszonen: Norden billiger, Süden teurer.

    Witzig ist, dass der Vorstand von TransnetBW nicht kapiert hat, warum ungern "medial thematisiert" wird, dass es beim Netzausbau ganz vorrangig um Handel geht.

    Zitat DR. WERNER GÖTZ,Vorsitzender der Geschäftsführung, TransnetBW GmbH: "Hinzu kommt – und das wird medial bisher kaum thematisiert –, dass auch die europäische Union Transferkapazitäten fordert."

    Die Unternehmenskommunikationen der ÜNB freuen sich sicher sehr, dass der Herr Götz das bislang so erfolgreiche Greenwashing von HGÜ-Trassen als Windstromleitungen torpediert.

    Fakt ist: Es geht um die Integration der west- und osteuropäischen Strommärkte. Die Nachbarstaaten beschweren sich bei der EU-Kommission immer wieder, dass es in Deutschland zu wenige Leitungskapazitäten gibt, um europäische Stromhandelsgeschäfte zu betreiben. Was gibt es auf diesen Strommärkten zu holen? in jedem Fall viel Atomstrom und Kohlestrom. Ein EE-Überschuss ist in den Nachbarländern nicht zu verzeichnen, dort werden mit Hilfe von Rosatom gerade neue Kraftwerksblöcke geplant. In Norddeutschland auch nicht. Wie TransnetBW mit Netzausbau den Klimawandel aufhalten möchte, bleibt deshalb ein Rätsel.

    Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz (nördlicher Abschnitt Südostlink) hat kürzlich ein Papier zum Thema „Höherauslastung und Optimierung des Stromnetzes“ veröffentlicht. Damit soll dargestellt werden, welche Technologien "zusätzlich zum Netzausbau" mehr Transportkapazität bringen können, wie z.B. der Einsatz von Hochtemperaturseilen oder Witterungsabhängiger Freileitungsbetrieb (WAFB, früher bekannt als Freileiterseilmonitoring). Angeblich gelten "zwei Prämissen: Die Sicherheit des elektrischen Systems zu jeder Zeit und der eigene Anspruch volkswirtschaftlicher Effizienz" - was in Anbetracht der Tatsache, wie mit der Kostenfrage des Netzausbaus umgegangen wird, unglaubwürdig ist.

    Der besondere Spaß liegt aber in einer Fußnote, mit dem wieder einmal mehr belegt wird, worum es tatsächlich geht - um den internationalen, profitorientierten Stromhandel, von dem die Konzerne profitieren und für den die Stromkunden zur Kasse gebeten werden:

    "Das „Clean energy for all Europeans package“ sieht unter anderem vor, dass unter bestimmten Bedingungen spätestens ab dem Jahr 2025 mindestens 70 Prozent der Nettoübertragungsfähigkeit grenzüberschreitender Stromleitungen (Interkonnektoren) für grenzüberschreitenden Stromhandel vorgehalten werden muss." (Quelle hier siehe Fußnote 1 Seite 2)

    Sowohl Südostlink als auch Südlink sind sogenannte PCI, Projects of Common Interest, also europäische Projekte von "gemeinsamem Interesse".


    Warum kein Windstrom für den Süden übrig ist:
    Nördl RLP-HE-TH-SN wird rd 300 TWh/a Strom verbraucht, 2030 werden es rd. 350 TWh/a sein. Aktuell werden dort rd 90 TWh/a Windstrom gewonnen. Bei Einhaltung der jeweiligen Ausbauziele der Länder & Offshore werden es dort max. 240 TWh/a Windstrom sein. #MärchenWindstromVomNorden