- Offizieller Beitrag
Stand Dezember 2018
Der Netzentwicklungsplan zeigt es schwarz auf weiß
Die nachstehende Tabelle aus dem Netzentwicklungsplan (1) zeigt eindeutig, der Windstrom im Norden, einschließlich Offshore, reicht im Jahr 2030 gerade mal gut zur Hälfte für den dortigen Bedarf. Das kann keine Versorgungssicherheit für Bayern darstellen, insbesondere, wenn auch im Norden Windflaute herrscht.
Werte in TWh
Um die Öffentlichkeit zu verwirren, wird als Begründung für den Trassenbedarf von Nord nach Süd meist auf das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern verwiesen. Dessen überschüssigen Strom benötigt allein schon Berlin. Die HGÜ-Leitungen werden gebraucht, um an windstarken Tagen die Stein- und Braunkohlekraftwerke nicht zurückfahren zu müssen. Da dann die Energie oft gar nicht benötigt wird, müssen Windräder abgeschaltet werden und man verschiebt den Strom ins Ausland zu Lasten der normalen Stromkunden. Auch deshalb ist Deutschland Energieexportweltmeister.
Mit Trassen lässt sich Energie nur räumlich verschieben. Wegen möglicher kalter Dunkelflauten benötigt die Energiewende eine zeitliche Verschiebung. Das geht nur mit Speichern. Sinnvoller wäre es daher, mit der verfügbaren Speichertechnik (P2G oder LOHC) Projekte zur Speicherung der überschüssigen Energie zu fördern.
Hochrüstung der Wechselstromtrassen im Übertragungsnetz
Andreas Herath, Projektleiter Südostlink bei TenneT, betonte auf einer Veranstaltung der BNetzA in Weiden am 17.05.2017, dass die Hochrüstungen von P43, P44, P44mod, Ostbayernring und Juraleitung der Ausfallsicherung (N-1-Regel) der Gleichstromtrasse Südostlink geschuldet sind. Fakt ist jedoch, dass diese zum Teil sehr alten Leitungen in den vergangenen Jahren vernachlässigt worden sind. Jetzt sollen nach und nach alle diese Trassen gemäß dem Stand der Technik (wörtlich: state of the art) auf 380 kV ausgebaut werden. Einsprüche der Anrainer und insbesondere die gesundheitlichen Risiken werden ignoriert.
Bedarfsabdeckung Bayern
Laut Netzentwicklungsplan (1) beträgt die Stromnachfrage, einschließlich Netzverlusten, in Bayern im Jahr 2030 93,8 TWh (beim mittleren Szenariorahmen B 2030). Für den gleichen Zeitraum beträgt die Erzeugungskapazität laut der gleichen Seite 55,5 TWh. Es fehlen demnach 38,3 TWh.
Die 55,2 TWh entsprechen einer Erzeugungskapazität in Bayern von 6,3 GW. Der Gesamtjahresbedarf über 93,8 TWh benötigt eine Erzeugungskapazität von 10,7 GW. Der kurzfristige Höchstbedarf = Spitzenlast liegt laut Energiedialog 2014 bei 12, 3 GW (2). Das ergibt folgende Rechnung:
Normaler Bedarf 2030 Bayern in GW 10,7 lt. NEP
Kapazität in Bayern 2030 verfügbar 6,3 lt. NEP
Es fehlen 4,4
Das bringt allein die Thüringer Strombrücke und es gibt weitere Nordsüd-Verbindungen.
Der Spitzenbedarf liegt bei 12,3 lt. Energiedialog
es fehlen kurzfristig weitere 1,6
Das bringt schon Irsching mit 1,8 (Kapazität im NEP nicht berücksichtigt)
Es gibt noch weitere Gaskraftwerke in Bayern, die nicht laufen und es gibt das Angebot von Österreich (3): „Verbund kann Bayern 5200 Megawatt Kraftwerksleistung zur Verfügung stellen. Das entspricht ziemlich genau der Leistung der Atomkraftwerke im Freistaat, die bis zum Jahr 2022 abgeschaltet werden. Die Leitungen sind bereits vorhanden, man müsste keine neuen bauen."
Als Stromexportweltmeister dürfte es kein Problem darstellen, bei einem meist kurzfristigen Spitzenbedarf auch einmal grünen Wasserkraftstrom von unserem Nachbarn zu importieren.
Mehr Erneuerbare und Speicher in Bayern
Unabhängig von der gegebenen Absicherung nach dem Aus der Kernkraft, sind zwingend Regelungen für den Ausbau der Erneuerbaren in Bayern zu fordern. Auch die Sektoren Mobilität und Wärme werden in Zukunft mehr grüne, elektrische Energie benötigen.
Eine Aufnahme des Klimaschutzes in die Verfassung genügt nicht. Für öffentliche Gebäude, aber auch bei Neubauten im privaten Bereich müssen Solardächer Pflicht werden. Für auslaufende Förderungen gilt es Nachfolgelösungen zu finden und auch die 10H-Regelung bei der Windkraft bedarf eine Novellierung in Richtung 5H.
Dazu gehört auch die Einflussnahme auf die Energiewendemaßnahmen in Berlin, sowie die Verhinderung des überdimensionierten Trassenbaus. Die aktuellen Vorhaben dienen überwiegend dem europaweiten Stromhandel und nicht dem Klimaschutz und dem Gemeinwohl.
Dieser Beitrag kann auch als Pdf-Datei abgerufen werden (s. unten).
Quellenhinweise:
- NEP 2030 Version 2017 - 2. Entwurf, Szenario B2030, Seite 69
- „2014-Energiedialog-Diskussionsgrundlage-final.pdf“ – Graphik Seite 14 (s. Anlage); Herausgeber Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie.
- Angebot vom Vorstandsvorsitzenden des österreichische Energieversorger Verbunds, Wolfgang Anzengruber, beim bayerisch-österreichischen Energiekongress am 1.12.2014 in München. Artikel „Österreich lockt mit Stromangebot“ in der SZ vom 3.12.2014.
Begriffserklärung
BNetzA Bundesnetzagentur
HGÜ Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung
NEP Netzentwicklungsplan
TWh Terrawattstunden
GW Gigawatt